Chronik

Chronik der Initiative 9 November e.V.

Gründungsbrief

 

 

Chronik der Initiative 9. November e.V.

Die Initiative 9. November blickt inzwischen auf eine mehr als 30 jährige Geschichte zurück. Anlass zu ihrer Gründung waren die öffentlichen Auseinandersetzungen über die Zerstörung der Überreste des spätmittelalterlichen Frankfurter Ghettos. Die damit einhergehende Besetzung des Börneplatzes (eine „Aktion“, die bekanntlich scheiterte) bedeutete in der Nachkriegsgeschichte Frankfurts insofern einen Einschnitt, als sich hier zum ersten Mal nach der Shoah Frankfurter Juden und Nicht-Juden gemeinsam öffentlich engagierten und darüber verständigten, wie sehr sie die Geschichte ihrer Stadt gleichzeitig trennt und verbindet.

1988

    Um das, was durch die ebenso schwierigen wie lehrreichen, historisch überfälligen Diskussionen mit der Zerstörung des Geländes erreicht worden war, nicht auch noch verschwinden zu lassen, sondern weiterzuführen, wandte sich eine Gruppe um die inzwischen verstorbene Soziologin Monika Seifert einem unweit gelegenen Hochbunker, dem Ort der von den Nationalsozialisten zerstörten Synagoge der Israelitischen Religionsgesellschaft, zu und gründete am 9. Juni 1988 die „Initiative 9. November e.V.“
    Das vernachlässigte, „vergessene“ Gelände mit seinem Ende der 80er Jahre für den Katastrophenfall hochgerüsteten, modernisierten Bunker, der (angeblich deshalb) für eine Bürgerinitiative verschlossen blieb, war mit Bedacht ausgewählt worden. Hier gab es einen bedeutenden Kultusort jüdischen Lebens, hier war das Vernichtungswerk der Nazi-Täter besonders augenfällig, hier wurde bezeichnenderweise 1942/43 ein Schutzbunker errichtet, der ausschließlich „deutschen Volksgenossen“ als Zufluchtsraum vor dem Bombenkrieg diente, hier konnte auch die verleugnete Geschichte der Nachkriegszeit in ihrer ganzen Anstößigkeit sichtbar gemacht werden. Dieser Ort mit seinen verborgenen, vielschichtigen, widersprüchlichen „Erzählungen“ ist historisch ebenso bedeutend wie die Börneplatzsynagoge und bot sich als Stätte des Erinnerns, der Begegnung und des Lernens geradezu an.

    Bei ihrer ersten Veranstaltung am 9. November 1988, dem 50. Jahrestag der Pogrome von 1938, wurden dort am Mahnmal der zerstörten Synagoge der Israelitischen Religionsgesellschaft in der Friedberger Anlage die Namen der aus Frankfurt deportierten Jüdinnen und Juden verlesen. Als die mehr als 1000 Teilnehmer des vom Römerbergbündnis veranstalteten Gedenkgangs, der dem Weg der deportierten Frankfurter Juden von der Innenstadt bis zum Ostbahnhof folgte, abends den Hochbunker erreichten, waren die abwechselnd Lesenden, die am Morgen begonnen hatten, erst beim Buchstaben „B“ angelangt. Spätestens jetzt war den Beteiligten klar, dass für dieses Vorhaben eine auf einen Tag im Jahr beschränkte Veranstaltung nicht genügte. So sollte an jedem der folgenden Samstage das Verlesen der Namen fortgesetzt werden, bis man am Ende des Deportationsbuchs angelangt wäre. Als im Sommer 1989 erst die Namen mit dem Buchstaben „M“ erreicht waren, gab man dieses Ziel auf.



 
1993

    Zunächst fanden jährlich am 9. November an diesem Ort Gedenkveranstaltungen statt. Zur Klärung des weiteren Vorgehens veranstaltete die Initiative im März 1993 ein interdisziplinäres Symposium im damaligen Gebäude des Literaturhauses in der Bockenheimer Landstraße. Ergebnis war, eine Gedenkstätte einzurichten, welche die verschiedenen Bedeutungsschichten dieses Ortes aufdecken sollte.

    Seit Oktober steht an der Gedenkstätte Fried­berger Anlage ein Apfelbaum zur Er­innerung an die Sozialdemokratin Rose Schlösinger (Hintergrundartikel: Frankfurter Personenlexikon, Stolpersteine Berlin. Wikipedia), die im Jahre 1943 als Mitglied der Widerstands­gruppe »Rote Kapelle« in Berlin-PIötzensee hin­gerichtet wurde. Der »Initiative 9. November«, die seit 1988 bemüht ist. aus dem Bunker eine Gedenk­stätte zu machen, schwebt vor, daß eines Tages viele andere Bäume in einer »Allee der Erkenntnis« auch für andere Widerständler vor dem Bunker stehen sollen.



1996

    Im Herbst erreichte die Initiative, die inzwischen ein gemeinnütziger Verein geworden war, dass die Bunkertüren kurzzeitig geöffnet wurden, um dort Diplomarbeiten von Architekturstudenten der Universität Stuttgart über vielfältige Möglichkeiten der baulichen Veränderung des Bunkers zu zeigen.
    Die architektonischen Modelle und die theoretischen Überlegungen dazu wurden zusammen mit den Ergebnissen des Symposiums in einer ersten Buchpublikation der Initiative unter dem Titel „Orte des Erinnerns. Hochbunker an der Friedberger Anlage“ veröffentlicht. Beschrieben wurde in diesem Buch, das Beiträge von Dieter Bartetzko, Werner Durth, Rachel Heuberger, Salomon Korn und Jürgen Steen enthält, auch die Arbeit der Initiative 9. November in den ersten zehn Jahren ihres Bestehens.

    Von Beginn an sah sich die Initiative als Teil einer gesellschaftskritischen Frankfurter Öffentlichkeit. Zunächst dem „Römerbergbündnis“ zugehörig, das sich während des Protestes gegen die Überbauung des Börneplatzes gebildet hatte, schloss sie sich nach dessen Auflösung der „HistorikerInneninitiative“ an, die Frankfurter Forschungsprojekte, Spezialarchiv- und Gedenkstätten-Arbeiten zur NS-Geschichte der Stadt zu koordinieren suchte. Nach deren Auflösung und mit der Gründung des Lehr- und Dokumentationszentrums zur Geschichte des Holocaust, dann des Fritz- Bauer-Instituts als dessen Nachfolgerin, intensivierte die Initiative 9. November die Zusammenarbeit auch mit anderen Institutionen, wie dem Jüdischen Museum, dem Historischen Museum, dem Deutschen Architekturmuseum (alle Frankfurt a. M.), dem Hamburger Institut für Sozialforschung im Rahmen der „Wehrmachtsausstellung„, dem Sigmund-Freud-Institut sowie dem Literaturhaus, das der Initiative jahrelang Räume zur Verfügung gestellt hatte.
    In enger Kooperation mit einer Forschungsgruppe am Sigmund-Freud-Institut unter Leitung von Dr. Kurt Grünberg wurde das Projekt „Erinnern oder Zerstören: Zur Gedächtnisfunktion von städtischer Architektur, dargestellt am Beispiel der Geschichte der Synagoge der Israelitischen Religionsgesellschaft in Frankfurt am Main“, entwickelt. Erforscht werden dabei die Reaktionen auf die Konfrontation mit der am Ort verschütteten Geschichte: Alles Verändern des gegenwärtigen Zustands wird, so die Hypothese, zur Auseinandersetzung über die Definition dessen, was war: Das Tun wird zu einem „Kampf um die Erinnerung“, geprägt von der Tendenz, Geschichte gemäß den eigenen Bedürfnissen rückwirkend zu konstruieren und festzuschreiben.



1998

    Seit 1998 arbeitete die Initiative eng mit der Gruppe „Ausgegrenzte Opfer“ des „Studienkreises Deutscher Widerstand“ (Zeugen Jehovas, Euthanasieopfer, Förderverein Sinti und Roma Frankfurt, Freundeskreis der Auschwitzer, DGB Frankfurt, vertreten durch Erika und Günter Krämer, Joachim Brenner, Hans Hirschmann, Willi Malkomeß; die Initiative 9. Nov. durch Elisabeth Leuschner-Gafga, der Studienkreis durch Dr. Ursula Krause- Schmidt) zusammen und gestaltete mit ihr mehrere Jahre den 27. Januar, den Tag der Befreiung des Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz. Anlässlich dieses Gedenktages kamen im Januar 2002 auf Initiative beider Gruppen zum ersten Mal ehemalige Zwangsarbeiter aus Tschechien und Polen wieder nach Frankfurt, wo sie – auf Veranlassung der Gruppen – bei einem Empfang im Römer durch Kulturdezernent Bernhard Nordhoff Entschädigungsgelder erhielten. Unterbringung, Betreuung sowie das Besuchsprogramm wurden ausschließlich durch Mitglieder der Initiativen geleistet.



2000

    Seit 2000 beteiligte sich die Initiative 9. November am Symposium des Kulturdezernates der Stadt „Auf dem Wege zur Topographie: Orte, Täter, Opfer, Nachwirkungen“, aus der die Arbeitsgruppe „Zur Topographie der NS-Zeit in Frankfurt a.M.“ hervorging. Seit einigen Jahren werden in Frankfurt „Stolpersteine“ durch den Künstler Gunther Demnig verlegt, mit dessen Gruppe die Initiative 9. November ebenfalls kooperiert, ebenso mit den daran beteiligten Frankfurter Stadtteilgruppen, die diese Aktionen vorbereiten und begleiten.
    Als das Kulturdezernat im Jahr 2001 die Einrichtung einer ABM-Stelle unterstützte, konnte die schwierige Aufgabe, den Bunker zugänglich zu machen und einen Lern- und Begegnungsort zu entwickeln, mit größerem Nachdruck verfolgt werden. So wurde damals an der Außenwand des Bunkers ein großes Foto mit dem Bild des Innenraums der Synagoge angebracht, um auf das Zerstörte aufmerksam und es sichtbar zu machen. Um das Mahnmal hervorzuheben, wurde die Grünanlage erneuert. Vor dem Bunker wurde ein Büro-Container aufgestellt, in dem vorläufig das „Geschichtsbüro Synagoge“ als Informations- und Versammlungsort präsent war. Später konnte der Vorraum des Bunkers umgestaltet werden und dient seitdem als Empfangsraum und Treffpunkt.



2003

    Endlich – zum Jahrestag des Novemberpogroms – schloss die Branddirektion Frankfurt, eine der vielen für den Hochbunker zuständigen Behörden, mit der Initiative 9. November einen Vertrag über die Nutzung des Erdgeschosses, so dass nun auch im Inneren des Bunkers ein großer Raum für Veranstaltungen und Präsentationen zur Verfügung stand.



2004

    Hier eröffnete die Initiative in Zusammenarbeit mit dem Jüdischen Museum Frankfurt im Frühjahr die Ausstellung „Ostend – Blick in ein Jüdisches Viertel„. Bis heute ist diese Ausstellung öffentlich zugänglich, regelmäßig finden hier Führungen durch Mitarbeiter des Jüdischen Museums und Begleitungen durch Mitglieder der Initiative statt. Eindrücke der Besucher dieser Ausstellung – seien es jüdische Überlebende und deren Nachkommen, darunter auch ehemalige Mitglieder der Israelitischen Religionsgesellschaft, seien es Menschen, die im Bunker vor den Bomben Zuflucht fanden und/oder noch Zeugnis vom Brand der Synagoge ablegen können – wurden im Rahmen des genannten Forschungsprojektes dokumentiert, wissenschaftlich ausgewertet und in einem Buch publiziert, das im Frühsommer 2010 im Verlag Brandes & Apsel erschien (s.u.).
    Im Jahr 2004 wurde die Initiative 9. November mit dem 1. Preis der Bundesstiftung „Bündnis für Demokratie und Toleranz“ ausgezeichnet; bei einem Festakt im Römer wurde ihr der Preis von Oberbürgermeisterin Petra Roth überreicht (Preisrede von Wolfgang Leuschner, damaliger Vorstand der Initiative).



2005

    Im Sommer 2005 fand eine Filmwoche mit einer Folge von Dokumentarfilmen, welche die jüdische Geschichte u.a. des Frankfurter Ostends zum Thema hatten, statt.
    Im Herbst 2005 wurden im Auftrag der Initiative 9. November zusammen mit Frankfurter Schülerinnen und Schülern unter der fachlichen Leitung des Freien Instituts für Bauforschung und Dokumentation e.V., Marburg, Suchschnitte auf dem Gelände hinter dem Bunker gelegt und festgestellt, dass noch Fundamente der Synagoge und andere Überreste vorhanden sind. Deren Offenlegung und Bewahrung bleibt ein wichtiges Vorhaben in der Zukunft.



2006

    Wie in all den Jahren von April bis Dezember werden die Öffnungszeiten der Ausstellung „Ostend – .“ jeden Sonntag von 11 bis 14 Uhr von Mitgliedern der Initiative ehrenamtlich begleitet. Für die Führungen um 11:30 Uhr waren/sind Carola Seiz, Gabriela Schlick-Bamberger, Esther Alexander-Ihme und Jürgen Steinmetz verantwortlich. An außerordentlichen Führungen nehmen auch viele Schulklassen, Gruppen verschiedenster Institutionen und Besucher aus dem In- und Ausland teil.
    Zur Wiedereröffnung obiger Ausstellung im April 2006 las Initiativenmitglied Carmen-Renate Köper, Schauspielerin und Regisseurin, aus den Erinnerungen von Ruth Rosenfeld „Im Nichts verloren„.
    Die Initiative 9. November beteiligte sich am jährlich im Frühsommer stattfindenden Besucherprogramm der Stadt Frankfurt für ehemalige jüdische Mitbürger und ihre Nachkommen.
    Im Juni veranstaltete die Initiative 9. November in Zusammenarbeit mit dem Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst im Bunker das Konzert „Yiddish Songs“ mit Hana Freijková (Gesang) und Michal Hromek (Gitarre) aus Prag.
    Von Mitte Juli bis Mitte August 2006 fanden fünf Filmveranstaltungen zum Thema „Frankfurter jüdisches Leben in der Nachkriegszeit“, v.a. über Zeitzeugen und deren Nachkommen statt.
    Bis heute treffen sich Arbeitsgruppen regelmäßig zum Thema Antisemitismus, Trauma, Trauma-Tradierung und zur szenischen Erinnerung der Shoah im Sigmund-Freud-Institut Frankfurt unter Leitung von Dr. Kurt Grünberg.

2007

    Im April, zur Wiedereröffnung der Ausstellung „Ostend – Blick in ein Jüdisches Viertel“ las Carmen Renate Köper Texte von Bert Brecht aus „Die Jüdische Frau“, musikalisch begleitet von Schülerinnen und Schülern der Frankfurter Wöhlerschule unter Leitung von Detlef Münkler.
    Am 11. Mai begann zusammen mit dem Staatlichen Schulamt Frankfurt und dem Jüdischen Museum eine Fortbildungsreihe für LehrerInnen aller Schulformen unter dem Titel „Blick in den Bunker: das Frankfurter Ostend – ein jüdisches Viertel“. Inhalte der Veranstaltung waren: Authentische Orte, Gedenk- und Erinnerungsorte im Unterricht; die Initiative 9. November und der Bunker an der Friedberger Anlage; Einführung in die Ausstellung „Ostend..“. Die Einführung übernahm Dr. Martin Liepach (Jüdisches Museum), die weitere inhaltliche Gestaltung lag in den Händen von Elisabeth Leuschner-Gafga (Initiative 9. November) und Carola Seitz (Jüdisches Museum).
    Im Juni und Juli veranstaltete die Initiative eine fünfteilige Filmreihe über Exil-Erfahrungen jüdischer Frankfurter Familien.

(c) 2007 Edith Macello

    Am 9. September fand unter dem Motto „Es wären 100 Jahre…..“ eine viel beachtete Gedenkfeier mit 250 Gästen statt in Erinnerung an die 1907 eingeweihte und 1938 zerstörte Synagoge der Israelitischen Religionsgesellschaft mit Vorträgen zur Geschichte und Berichten von Zeitzeugen. Unter der Moderation von Dr. Ruth Fühner (HR) sprachen Prof. Dr. Salomon Korn (Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde Frankfurt), Prof. Dr. Felix Semmelroth (Kulturdezernent von Frankfurt), Prof. Dr. Hans-Peter Niebuhr (Vorstandsvorsitzender der Initiative 9. Nov.), Prof. Dr. Matthias Morgenstern (Geschichtswissenschaftler), Dr. Marc Grellert (Architekt), Cilly Peiser (Zeitzeugin und Autorin), Alfred Rosenthal (Zeitzeuge), Prof.Dr. Ruth Lapide (Zeitzeugin und Religionswissenschaftlerin) sowie Rabbiner B. Jacobson aus New York (ehemaliges Mitglied der Israelitischen Religionsgesellschaft Frankfurt). Musikalisch wurde die Gedenkveranstaltung vom Chor der Jungen Kantorei Frankfurt unter Leitung von Joachim C. Martini begleitet.
    Als bekannt wurde, dass der Bunker aus der Zivilschutzbindung des Bundes herausgenommen werden sollte, startete die Initiative im Oktober eine Unterschriftenaktion mit einem öffentlichen Aufruf an die Stadt Frankfurt, das Vorkaufsrecht für Grundstück und Gebäude Friedberger Anlage 5-6 gegenüber der Bundesvermögensverwaltung fristgerecht auszuüben. In wenigen Tagen unterschrieben u.a. über zweihundert prominente Frankfurterinnen und Frankfurter diesen Aufruf.



2008

    Im April las die Schriftstellerin und Vizepräsidentin des PEN Deutschland Katja Behrens aus ihrem Erzählband „Salomo und die anderen – jüdische Geschichten“ zur Wiedereröffnung der Ausstellung im Bunker.
    Am 8. Juni veranstaltete die Initiative im Theaterhaus in der Schützenstraße, einem Gebäude, das früher der Israelitischen Religionsgesellschaft gehört hatte, das Symposium „Erinnerung braucht Zukunft“. Auf dem Hintergrund ihrer bisherigen Arbeitserfahrungen und zum 20. Jahrestag der Gründung der Initiative sollten Wege aufgezeigt werden, wie der Hochbunker mit seiner besonderen Geschichte (z.B. seinen Synagogenfundamenten) künftig genutzt und nicht nur architektonisch gestaltet werden könnte. Teilnehmer waren: Bürgermeisterin Jutta Ebeling, Cilly Kugelmann (stellv. Museumsleiterin), Prof. Dr. Micha Brumlik (Erziehungswissenschaftler), Hannes Heer (Geschichtswissenschaftler, Mitverantwortlicher der Wehrmachtsausstellung), Ute Daub (Soziologin, Initiativenmitglied), Prof. Dr. Hans-Peter Niebuhr (Vorstandsmitglied der Initiative), Dr. Wolfgang Leuschner (Arzt und Psychoanalytiker, Initiativenmitglied), Dr. Kurt Grünberg (Psychoanalytiker und nach Monika Seifert und Dr. Wolfgang Leuschner damals Vorstandsvorsitzender der Initiative), Prof. D.W. Dreysse (Architekt, Initiativenmitglied), Prof. Nikolaus Hirsch (Architekt und Direktor im Städel-Museum), Prof. Wolfgang Lorch sowie Peter Cachola Schmal (Direktor des Architekturmuseums).
    Von Ende September bis Mitte Oktober fand die dreiteilige Veranstaltungsreihe „Rettungsgeschichten Frankfurter Juden“ statt, vorgetragen von Zeitzeugen und/oder deren Nachkommen.
    Am 19. Oktober wurde anläßlich der 67. Wiederkehr des Beginns der Deportationen aus Frankfurt/M die Chronik des Ghettos Lodz vorgestellt. Diese Gedenkveranstaltung, die den nach Lodz deportierten Frankfurtern gewidmet war, wurde in Kooperation mit der Lagergemeinschaft Auschwitz, dem Fritz- Bauer-Institut, dem Jüdischen Museum Frankfurt und der Arbeitsstelle Holocaust-Literatur der Justus-Liebig-Universität Gießen veranstaltet, deren Mitarbeiter aus der Ghetto-Chronik lasen.


2009

    Im Auftrag des Leo Baeck-Instituts (und zunächst terminiert auf ein Jahr) begann die Initiative 9. November im März mit dem Geschichtsprojekt „Ostend – ein jüdischer Stadtteil, Geschichte und Gegenwart – Leo Baeck-Institut in die Schulen“ von Jürgen Steinmetz. Es handelte sich dabei um eine systematische Studie, die in Frankfurter Schulen, v.a. Berufs- und Gesamtschulen, durchgeführt wird. Ziel war es, in Diskussionen, Vorträgen und Seminaren die Schüler mit der deutsch-jüdischen Geschichte und Kultur vertraut zu machen und dabei zu untersuchen, wie diese Geschichte von Kindern/Schülern aus Migrantenfamilien rezipiert und möglicherweise als exemplarisch für die eigene Situation und Integrationsproblematik verstanden wird.
    Im April wurde die Ausstellung „Ostend – .“ mit der Vorführung und Diskussion des Dokumentarfilms „Hitlers Memorandum“ von Donald Brittain und Edgar Sarton-Saretzki (Kanada 1966) wiedereröffnet.



2010

    Arbeitsgruppen der Initiative erstellten das Buch „Erinnerung braucht Zukunft – der Ort der ehemaligen Synagoge an der Friedberger Anlage in Frankfurt am Main“ – Texte zur Geschichte der Synagoge, zur Erinnerungskultur und zur Frage einer zukünftigen Gestaltung von Gedenkorten. Es enthält ausführliche Interviews mit jüdischen und nicht-jüdischen Zeitzeugen zu ihren Erfahrungen im Frankfurter Ostend im Zeitraum vom Beginn der Naziherrschaft bis in die Nachkriegszeit. Darüber hinaus versammelt die Publikation Beiträge von Prof. Dr. Salomon Korn, Prof. Dr. Felix Semmelroth, Prof. Dr. Matthias Morgenstern, Prof. D.W. Dreysse, Prof. Nikolaus Hirsch, Prof. Wolfgang Lorch, Hannes Heer, Prof. Dr. M. Brumlik, Dr. Wolfgang Leuschner, Dr. Kurt Grünberg, Cilly Kugelmann und Ute Daub; Aussagen und Ergebnisse der oben genannten Veranstaltungen der Initiative in den Jahren 2007 und 2008 „Es wären 100 Jahre …“und „Erinnerung braucht Zukunft“. Das Buch erschien im Frühsommer 2010 im Verlag Brandes & Apsel und wurde am 13. Juni im Hochbunker vorgestellt.
    Im Rahmen der Veranstaltungsreihe des Kulturamtes der Stadt Frankfurt und des Schöffling Verlags „Frankfurt liest ein Buch“ las Carmen Renate Köper aus Valentin Senger – Kaiserhofstraße 12″ am 25. April im Hochbunker den Ausschnitt „Valentin Senger im Ostend“.
    Am 9. Mai veranstalteten wir eine Erzähl- und Gesprächsrunde mit Abraham Bar-Ezer (früher Markus Stutzmann) anlässlich der Stolpersteinverlegung für Amalie Stutzmann am 7. Mai vor dem Haus Sandweg 11. Amalie Stutzmann wurde am 11. November 1941 nach Minsk deportiert und ermordet. Ihr Sohn Abraham Bar-Ezer erzählte aus seinem Leben: von seiner Kindheit im Frankfurter Ostend, der Rettung nach Palästina mit einer Gruppe aus dem Waisenhaus im Röderbergweg, vom Leben in einem orthodoxen Jugenddorf in der Nähe von Haifa, von seinem weiteren Leben in Israel. Helga Krohn (Geschichtswissenschaftlerin und Autorin) moderierte.
    Carmen Renate Köper las am 12. Juni aus Hélène Berrs „Pariser Tagebuch 1942 – 1944„. H. Berr (* 21.3.1921 in Paris, † ? April 1945 im KZ Bergen-Belsen) wird oft als die französische Anne Frank bezeichnet. Ihr Tagebuch aus dem besetzten Paris ist ein ähnlich berührender Zeitzeugenbericht.
    Am 12. September zeigte die Initiative den Film von Carmen Renate Köper „Schreiben um zu überleben“ (mit Anja Lundholm, Hermann Langbein und Maria Gräfin Maltzahn) und las aus „Das Höllentor“ von Anja Lundholm; ehemalige Bewohnerin des Frankfurter Ostends, die in der NS-Zeit ab 1941 in Italien lebte, wo sie sich einer Widerstandsgruppe anschloss und nach 1945 zur Chronistin dieser Zeit wurde.
    Vom 24. Oktober bis 14. November präsentierte die Initiative in Kooperation mit dem Frankfurter Förderverein Roma e. V. (Gründer und Geschäftsführer Joachim Brenner) die Ausstellung „Frankfurt-Auschwitz“ im Hochbunker. Die zusammen mit dem Saarbrücker Künstler Bernd Rausch erstellte dokumentarisch-künstlerische Ausstellung thematisiert die Verfolgung, bürokratische Erfassung und Vernichtung von Roma und Sinti im Nationalsozialismus. Die Bilder wurden erstmals im Sommer 2009 im ehemaligen Gefängnis Klapperfeld in Frankfurt zum Gedenktag der „Liquidierung“ des „Zigeunerlagers“ Auschwitz am 2.8.1944 präsentiert: damals wurden allein in einer Nacht nahezu 3000 Menschen vergast.
    Am 31.10. fand im Rahmen dieser Ausstellung ein von Joachim Brenner moderiertes Gespräch mit Ursula Rose und Maria Strauss, Kindern von Überlebenden der NS-Lager, statt.
    Am 7.11. hielt Ute Daub einen Vortrag über Eva Justin, die neben Robert Ritter für die Verfolgung und Vernichtung von Roma und Sinti in Frankfurt während des Nationalsozialismus verantwortlich war. Justin arbeitete unter Robert Ritter sowohl im Reichsgesundheitsministerium als auch nach 1948 im Gesundheitsamt der Stadt Frankfurt.
    Zum 9. November rief die Initiative die FrankfurterInnen auf, sich zur Erinnerung an die Zerstörung der Synagogen und die Ermordung der Frankfurter Juden am Ort der ehemaligen Synagoge der IRG einzufinden. Prof. D.W. Dreysse sprach zur Geschichte des Ortes vor ca. 100 Besucherinnen und Besuchern, v.a. Studentinnen und Studenten.



2011

    Anläßlich der Wiedereröffnung der Ausstellung „Ostend – .“ am 27. März im Hochbunker widmete die Initiative die Veranstaltung der Lyrikerin Mascha Kaléko und ihrem Buch „Was man so braucht .“, konzipiert und vorgetragen von Carmen Renate Köper.
    Am 5. Mai fand das jährliche Seminar zur Lehrerfortbildung im Hochbunker in Kooperation mit dem Pädagogischen Zentrum des Jüdischen Museums statt.
    Das Konzert „Jiddisch zu Dritt“ mit Hana Frejková und ihren Musikern (Marianna Borecká, Gesang, Milan Potocek, Klarinette, Slávek Brabec, Akkordeon) veranstaltete die Initiative am 4. Juni in Kooperation mit der Stiftung Dr. Hoch’s Konservatorium.“Jiddisch zu Dritt“ verschaffte einen neuen Zugang zu jiddischen Liedern – dynamischer und authentischer; es kamen ca. 100 BesucherInnen, die begeistert waren und mehrere Zugaben einforderten.
    Seit diesem Jahr 2011 ist die Ausstellung „Ostend – ..“ in das offizielle Programm der Stadt Frankfurt für den Besuch jüdischer sowie politisch oder religiös verfolgter ehemaliger Frankfurter Bürgerinnen und Bürger aufgenommen worden. Esther Alexander-Ihme führte am 10. Juni in englischer Sprache die Teilnehmer des Besuchsprogramms.
    Das filmische Erinnerungsprojekt mit Trude Levi konnte im Oktober in Kooperation mit einer Projektgruppe der Ziehenschule Frankfurt fertiggestellt werden: „Ich habe den Krieg gewonnen“. Schülerinnen und Schüler der Ziehenschule in Frankfurt/Main begegnen der Zeitzeugin Trude Levi. Trude Levi, Überlebende von Auschwitz und eines Todesmarschs, war eine der letzten lebenden Zeitzeuginnen des Holocausts. Sie starb 2012 in London.
    Die Filmveranstaltung am 11. September im Hochbunker war einer streitbaren Kämpferin gewidmet: „Mir ward die Liebe nicht – Bertha Pappenheim – Portrait einer ungewöhnlichen Frau“, ein Film von Carmen Renate Köper. Bertha Pappenheim (1859 – 1936) war Frauenrechtlerin, Pionierin in der Sozialarbeit und Gründerin des Jüdischen Frauenbundes.
    In einer weiteren Filmveranstaltung im Oktober ging es um den „Großen Raub – wie in Hessen die Juden ausgeplündert wurden“. Die Autoren Henning Burk und Dietrich Wagner vom Hessischen Rundfunk zeigten in ihrer 45-minütigen Dokumentation das perfide Zusammenspiel offizieller Stellen und der Bevölkerung auf. Erst nach Öffnung der Finanzakten für die Wissenschaft wurde das Ausmaß deutlich und mit welcher brutalen Systematik die Juden in Hessen ausgeplündert und ihrer Existenz beraubt wurden, welche Rolle der Fiskus dabei spielte und in welcher Form die Bevölkerung am großen Raubzug beteiligt war.
    Ende Oktober sahen sich die Initiative und ihre UnterstützerInnen zu einem Aufruf an den Magistrat der Stadt Frankfurt, das Bundesministerium für Finanzen und die ihm unterstehende Bundesanstalt für Immobilienaufgaben gezwungen:
    „Vor vier Jahren beschloss die Stadt Frankfurt, das geschichtsträchtige Gelände an der Friedberger Anlage 5-6, den Ort der zerstörten Synagoge der Israelitischen Religionsgesellschaft und eines ausgerechnet dort errichteten Hochbunkers, von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BIMA) zu erwerben. Bis heute ist der Erwerb des Bunkers nicht erfolgt, so dass weiterhin viele spannende Projekte stillstehen und der Ort bislang nur im Parterre als Gedenkstätte genutzt werden kann. Die übrigen fünf Stockwerke stehen leer! Wir fordern die künftigen Vertragspartner – das Bundesministerium für Finanzen, vertreten durch die BIMA, und den Magistrat der Stadt Frankfurt am Main – auf, ohne Verzug handelseinig zu werden, damit das Gelände endlich die ihm angemessene Zweckbestimmung erfährt.“ Der Aufruf wurde in kurzer Zeit von rund 250 Frankfurterinnen und Frankfurtern unterstützt.
    Am 6. November stellte Dr. Helga Krohn ihr neues Buch im Hochbunker vor: „Es war richtig, wieder anzufangen – Juden in Frankfurt am Main seit 1945″.“Es war richtig, wieder anzufangen“, hatte Ignatz Bubis 1986 rückblickend auf die Entwicklung der Jüdischen Gemeinschaft in Deutschland erklärt. Speziell der Frankfurter Jüdischen Gemeinde und ihren einflussreichen Persönlichkeiten kam nach 1945 eine besondere Rolle zu. Die Darstellung ihrer Geschichte bietet deshalb zugleich einen Zugang zur Nachkriegsgeschichte der Juden in Deutschland insgesamt. Der mit Fotos illustrierte Vortrag spannte einen Bogen von den schwierigen ersten Nachkriegsjahren bis in die 1990er Jahre – von der Frage „Bleiben oder gehen“ bis zur frei gewählten Einwanderung von Juden aus Osteuropa am Ende des Kalten Krieges. Auch in diesem Jahr gedachte die Initiative am 9. November der Schandtaten der Reichspogromnacht 1938. In diesem Rahmen fand der halbstündige Film „Die Erinnerung zeigt mir ganz andere Bilder – Herbert Stein und sein Frankfurt“ der Autoren Prof. Harald Schleicher und Peter de Leuw zahlreiche Zuschauer.



2012

    „Ortsbegehung“ war der Titel einer Veranstaltung am 22. April zur Wiedereröffnung der Dauerausstellung „Ostend- …“. Nachdem die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben sich entschieden hatte, den Hochbunker an der Friedberger Anlage für 2,85 Millionen Euro auf den Markt zu werfen, bestand die Gefahr, dass sowohl der Gedenkort als auch die langjährige Arbeit der Initiative 9. November in Frage gestellt sein könnte. So stand die Veranstaltung im Zeichen dieser Lage und des Widerstandes dagegen, musikalisch unterstützt vom „Café Hungaria“ des Philharmonischen Vereins der Sinti und Roma Frankfurt. Zahlreiche Besucher und positive Reaktionen der Presse unterstützten unser Anliegen.
    Am 25. April fand die jährliche Lehrerfortbildung in Kooperation mit dem Pädagogischen Zentrum des Jüdischen Museums statt, diesmal mit einem Rundgang im Ostend auf den Spuren der jüdischen Vergangenheit, Besuch der Ausstellung „Ostend – Blick in ein jüdisches Viertel“ und Vorstellung der Initiative 9. November.
    Petra Kunik, Vorstandsmitglied des Egalitären Minjan in der Jüdischen Gemeinde Frankfurt, besuchte am 12. Mai mit 30 Gästen anläßlich des Europäischen Schabbat den Bunker mit Besichtigung der „Ostend-Ausstellung “ und Toralesung im Rahmen eines Rundgangs zu jüdischen Orten in Frankfurt (living memorial). Die TeilnehmerInnen kamen aus Moskau und anderen europäischen Städten.
    Im Mai stellte der Vorstandsvorsitzende der Initiative Prof. Dr. Hans-Peter Niebuhr eine Petition an den Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages, das Bundesfinanzministerium möge auf die ihr unterstellte Bundesanstalt für Immobilienaufgaben einwirken, den Hochbunker an der Friedberger Anlage in Frankfurt a.M. zu einem symbolisch geringen Preis an die Stadt Frankfurt zu verkaufen, um zu verhindern, dass der historisch bedeutsame Ort marktorientiert verwertet wird.
    Im Juni besuchten 22 TeilnehmerInnen die „Ostend -Ausstellung“ im Rahmen des jährlichen städtischen Besuchsprogramms, darunter die Tochter von Selmar Spier, ehemals Grünestr. 40, Autor des autobiographischen Buches „Vor 1914“.
    Die Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen teilte der Initiative im August mit, dass ihr Antrag gegen den Verkauf des Hochbunkers an der Friedberger Anlage in Frankfurt zu Marktpreisen auf Zustimmung bei allen Fraktionen sowie der Landesregierung gestoßen sei. Darin wird die Landesregierung gebeten, ihren Einfluss beim Bundesfinanzministerium geltend zu machen mit dem Ziel, den Bunker für einen symbolischen Preis an die Stadt Frankfurt zu verkaufen.
    Zur Erinnerung an Arno Lustiger, der im Mai diesen Jahres verstorben war, zeigte die Initiative den Film von Carmen Renate Köper am 20. September im Hochbunker „Fragt uns aus! Arno Lustiger – Ein Zionist in Frankfurt“.
    In einer Film- und Diskussionsveranstaltung am 30. September präsentierte David Wittenberg einen Film „Geschichten der Freundschaft – Walter Benjamin zum Gedächtnis“, in Kooperation mit der KunstGesellschaft e.V. und unter Beteiligung von Prof. Reiner Diederich und Prof. Hans-Peter Niebuhr.
    Von Oktober bis Dezember konnte eine Doppelausstellung im Hochbunker besichtigt werden:“BESA – eine Sache der Ehre“ der Stiftung Yad Vashem und „Zivilcourage und Widerstand“ von Petra Bonavita. Die Ausstellung BESA thematisiert eine eher unbekannte Seite der Geschichte. Albanien mit seiner muslimischen Bevölkerungsmehrheit erreichte, woran alle anderen europäischen Nationen scheiterten: Fast alle Juden, die während der deutschen Besetzung auf albanischem Staatsgebiet lebten, wurden gerettet. In der Ausstellung „Zivilcourage und Widerstand“ geht es um Beispiele zivilen Widerstands während der NS-Zeit in Frankfurt: das „Bockenheimer Netzwerk“.
    Am 9. November fand erneut das öffentliche Gedenken an die Pogromnacht 1938 an der Friedberger Anlage an.



2013

    Der Gedenkort an der Friedberger Anlage sowie die geplanten Aktivitäten der Initiative standen in diesem Jahr unter besonderen Vorzeichen. Es jährten sich zum 75. Mal die Novemberpogrome von 1938, in deren Verlauf auch die Synagoge der Israelitischen Religionsgesellschaft zerstört wurde.
    Darüber hinaus blickte die Initiative 9. November auf ihr 25jähriges Bestehen zurück, was in fünf sehr erfolgreichen Veranstaltungen thematisiert wurde: „Kinder, steht alle auf, die zünden die Synagoge an!“, so hieß die Veranstaltung zur Wiedereröffnung der Ausstellung im April mit Zeitzeugenberichten aus unserer Publikation „Erinnerung braucht Zukunft“, gelesen von den Schauspielern Petra Fehrmann und Günther Henne, begleitet von den Musikstücken des „One Earth Orchestra“ des Komponisten Volker Staub und seiner Musiker, die mit experimentellen Musikinstrumenten und Klanginstallationen arbeiten. Rund 90 BesucherInnen nahmen an diesem außergewöhnlichen Erlebnis teil. Diese Veranstaltung wurde von Günther Pütz filmisch dokumentiert.


    Auch in diesem Jahr kamen im Juni die TeilnehmerInnen des städtischen Besucherprogramms.
    „Gemeinsam gegen Rassismus und Menschenhass“ am 30. Juni stellte den Stand der Aufklärung der NSU-Morde und die Möglichkeiten zivilgesellschaftlichen Handelns gegen rechte Ideologie und Gewalt in den Mittelpunkt der Diskussion. Konzipiert und eingeleitet von Initiativenmitglied Elisabeth Leuschner-Gafga führte Rupert von Plottnitz, Rechtsanwalt und Hessischer Justiz- und Europaminister a.D. durch das Gespräch mit Anetta Kahane, Vorsitzende der Amadeu Antonio Stiftung und Hans Reuter, Mitglied des Bündnisses „Dresden nazifrei“ (bevor es Pegida- und AfD gab!).
    Familie Fagrin von der Breuer-Gemeinde New York (der Nachfolgegemeinde der
Frankfurter Gemeinde der Israelitischen Religionsgesellschaft, der die Großeltern angehört hatten) besuchte im August die Ausstellung im Bunker, geführt von Gabriela Schlick-Bamberger.
    Im September zeigte die Iniative den von ihr mitproduzierten Dokumentarfilm „Ich habe den Krieg gewonnen! – Schülerinnen und Schüler der Ziehenschule begegnen der Zeitzeugin Trude Levi“ (Überlebende von Auschwitz, Zwangsarbeit und Todesmarsch).
    Unter dem Titel „Warum starb Sonja Okun?“ lud die Initiative am 3. November zu Lesung, Film und Gespräch mit Carmen Renate Köper. Die Schauspielerin und Autorin stellte mit ihrem gleichnamigen hr-Film und Buch das tragische und beeindruckende Schicksal von Sonja Okun (geb. 1899 in Minsk, ermordet 1944 in Auschwitz) vor, die mit Theatergrößen wie Fritz Kortner bekannt und mit der Frankfurter Ehrenbürgerin Trude Simonsohn in Theresienstadt befreundet war. Köpers Spurensuche offenbart ein wichtiges Kapitel deutsch-jüdischer Kulturgeschichte. Durch Okuns Engagement erfuhr man viel über die jüdische Hilfsorganisation der Jugend-Alija.
    Die als Aufruf an alle FrankfurterInnen breit beworbene jährliche Gedenkveranstaltung am 10. November verstand sich bewusst als offenes Gedenken, zu dem diesmal rund 70 BesucherInnen kamen. Die Vorführung der großen Filmmontage an der Bunkeraußenfassade mit einmaligen historischen Originalaufnahmen des Synagogenalltags und Fotos der Synagoge schuf eine besondere, würdige Stimmung.
    Mit einer Jahresabschlussveranstaltung am 30. November für FreundInnen, Förderer und Unterstützer ließ die Initiative ihr Jubiläumsjahr ausklingen. Rund 80 Gäste hörten Vorträge der langjährig tätigen Initiativenmitglieder Ute Daub, Elisabeth Leuschner-Gafga, Dr. Wolfgang Leuschner und Prof. Hans- Peter Niebuhr zu Entstehung, Geschichte und Selbstverständnis sowie zukünftige Vorhaben der Initiative. Viele Chormitglieder der Jungen Kantorei waren eigens angereist, um ihren Gründer und ehemaligen Leiter Joachim C. Martini zu würdigen. Seine und Judith Freises Ausstellung „Jüdische Musiker und Musikerinnen in Frankfurt“ wurde im Anschluss mit einem Vortrag von Birgit Klein und Chormusik im 1. Stock des Bunkers eröffnet und wird als dauerhafte Erweiterung zugänglich sein. Ein Stehempfang beendete die Veranstaltung.
    Wie in all den Jahren war selbstverständlich von April bis Dezember die Ausstellung „Ostend – ..“ jeden Sonntag von 11h bis 14h geöffnet. An außerordentlichen Führungen nahmen wieder viele Schulklassen und Gruppen verschiedener Institutionen teil.
    Seit Jahren hatten wir uns bemüht weitere Räume zu bekommen, was uns die Bauaufsicht Frankfurt im Februar 2013 auf Antrag genehmigte, vorbehaltlich des Anbringens von Brandschutzeinbauten im Keller, Parterre und 1. Stock. Nun konnten wir schon länger geplante Projekte, z.B. die Musiker-Ausstellung, Veranstaltungen zu neo- nazistischen Umtrieben oder auch – neue Wege beschreitend – das Vorhaben „BunkerRaumKlang“ realisieren. Die Umsetzung der Brandschutzvorgaben geriet allerdings unerwartet lang, steinig und teuer.
    Im Februar 2013 begann die Gruppe mit der Aufzeichnung einer Film- und Fotodokumentation mit dem Titel „Geschichte wachhalten – Die Initiative 9. November“. Themen sind die besondere Geschichte des Ortes Friedberger Anlage 5-6, v.a. die Israelitische Religionsgesellschaft und ihre zerstörte Synagoge, weiterhin Entwicklung und Arbeit der Initiative und ihrer Mitglieder, die seit mehr als 25 Jahren auf vielfältigste Weise dem Vergessen und Verleugnen der Barbarei entgegen treten sowie auch aktuelle neo- nazistische und rassistische Haltungen und Taten bekämpfen.
    Erstellt wurde diese Dokumentation von dem Frankfurter Filmautor Günther Pütz, Vorstandsmitglied der Initiative. Der Film soll hessischen Schulen und Bildungseinrichtungen dienen als Beispiel bürgerschaftlichen Engagements, das für jeden Heranwachsenden anregend und nachahmenswert sein soll. Er soll darüber hinaus dauerhaft im Hochbunker und auf unserer Internetseite zu sehen sein.
    Um die kostspieligen Brandschutzeinbauten realisieren zu können, starteten wir im April eine Spendenkampagne. Aufgrund immer neuer Anforderungen wurden bis 2015 rund 27.000 Euro benötigt und an Spendengeldern aufgebracht, worin wir eine positive Unterstützung und Bestätigung unserer Arbeit sehen.



2014

    Der Film „Geschichte wachhalten – die Initiative 9. November“ wurde am 27. April im Hochbunker uraufgeführt. Das musikalische Rahmenprogramm übernahmen Schülerinnen und Schüler der Wöhlerschule unter Leitung von Detlef Münkler. Die Wöhlerschule ist der Initiative seit langem besonders verbunden.

    Anläßlich der Ausstellung des Jüdischen Museums zu Fritz Bauer und den von ihm initiierten Auschwitz-Prozess, der vor 50 Jahren in Frankfurt stattfand, war am 25. Mai im Hochbunker der Dokumentarfilm „Memorandum“ (60`,Kanada 1966) von Donald Brittain und Edgar Sarton-Saretzki zu sehen, der u.a. auch von diesem Strafverfahren handelt. „Neben Nacht und Nebel‘ ist dieser Film unzweifelhaft der klügste, der über die von der Welt der Konzentrationslager gestellten philosophischen und moralischen Probleme geschaffen wurde.“ (Amos Vogel, Film als subversive Kunst, 1997, S. 280). „Memorandum“ erhielt viele Preise, u.a. den Goldenen Löwen von Venedig. Edgar Sarton-Saretzki, der 1939 nach England emigrierte und „Memorandum“ maßgeblich mitgestaltete, beantwortete nach der Vorführung Fragen der rund 45 Gäste. Initiativenmitglied Ute Daub moderierte.
    20 TeilnehmerInnen des jährlichen Besuchsprogramms der Stadt Frankfurt führte Jürgen Steinmetz in englischer Sprache am 2. Juni durch die Ostend-Ausstellung.
    Im Juni fand im Rahmen einer Ausstellung des Historischen Museums der 1. Stadtgang des Programms: „Jüdisches Leben in den östlichen Wallanlagen – Park in Progress. Stadtlabor unterwegs“ statt. Daran schlossen sich im Juli, August und September Sonntagsspaziergänge zum Thema verbunden mit Führungen durch die Ausstellung „Ostend – ..“ in Kooperation mit dem Jüdischen Museum, der Geschichts-AG des Nachbarschaftszentrums Ostend, dem Theaterhaus und der Initiative 9. November an.
    Am 14. September beantwortete die junge jüdische Schriftstellerin Lena Gorelik in der Auftaktveranstaltung einer neuen Reihe „Erzählte Erinnerung und erinnerndes Erzählen“ im Hochbunker nach ihrer Lesung aus ihrem Buch „Die Listensammlerin“ Fragen zu Motiven ihres literarischen Schaffens.
    Die Tagung im Haus am Dom am 1. und 2. November in Zusammenarbeit mit der Frankfurter Psychoanalytischen Arbeitsgemeinschaft hatte das Thema „Die Entfesselung des Bösen – Was trieb Nazi-Täter zu ihrem mörderischen Handeln? – Psychoanalytische und gruppendynamische Erklärungsansätze.“ Nach Begrüßung und Einführung in das Thema durch den Vorstandsvorsitzenden der Initiative Prof. Dr. Hans-Peter Niebuhr wurde mit dem Film „Das radikal Böse“ von Stefan Ruzowitzky (2013) die Tagung eröffnet. Im anschließenden Gruppengespräch mit der Literaturwissenschaftlerin und Gruppenanalytikerin Prof. Dr. Yvonne Brandl, Münster, tauschten ca. 75 BesucherInnen ihre Eindrücke und Ansichten zum Film aus. Unter der Moderation von Prof. Dr. Regina Becker-Schmidt, Hannover, referierte für die erkrankte Dipl.-Päd. Katrin Einert, Frankfurt, Marion Müller- Kirchhof über den „Luzifer-Effekt“, das Gefängnis-Experiment von Philip Zimbardo. Dr. Friedrich Markert, Psychoanalytiker und Nervenarzt, Frankfurt, sprach über den „Kommandanten in Auschwitz“ – autobiographische Aufzeichnungen des Rudolf Höß. Prof. Dr. Yvonne Brandl stellte in ihrem Vortrag „Die Gewalt der Anderen“ gruppenanalytische und entwicklungspsychologische Überlegungen zu Entgrenzungen an. Dipl. Soz. Iris Bergmiller-Fellmeth, Frankfurt, redete zur Psychologie eines Folterers dargestellt in den Geschichten von Alexander Tîsma „Schule der Gottlosigkeit“. Dr. Wolfgang Leuschner, Psychoanalytiker und Psychiater, Frankfurt, sprach über Triebquellen des „radikal Bösen“, kollektive Paranoia und die Arbeitsteilung der Verbrechen (Quellen u.a. Freud, Rank, Klein). Dietmar Becker, Schriftsteller und Kunsttherapeut, Hannover, setzte sich mit Susan Neimans Buch „Das Böse denken“ und Hannah Arendts Buch „Banalität des Bösen“ auseinander. Ein Materialienband mit den Tagungsbeiträgen wurde im Frühjahr 2015 publiziert.
    Zum Jahrestag der Pogromnacht 1938 am 9. November wurde der Film „Geschichte wachhalten – Die Initiative 9. November“ gezeigt.
    Die Brandschutzeinbauten im Keller, Parterre und ersten Stock des Hochbunkers kamen endlich im Dezember zum Abschluss.



2015

    In Erwartung der Übereignung des Bunkers durch die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben an die Stadt noch in diesem Jahr begannen im Juli Gespräche mit dem Kulturamt der Stadt, dem Jüdischen Museum, dem Historischen Museum und der Initiative 9. November zur zukünftigen Nutzung des Hochbunkers.
    Zur Wiedereröffnung der Ausstellung „Ostend…“ im Hochbunker veranstalteten wir im April das Konzert „BunkerRaumKlang – Erinnerung“ mit dem Saxophonorchester „SaxLan“ des Dr. Hoch’s Konservatorium unter der Leitung von Achim Rinke-Bachmann. Petra Fehrmann las aus dem Buch der Initiative „Erinnerung braucht Zukunft“.
    Im Juni diesen Jahres führten Jürgen Steinmetz und Gabriela Schlick-Bamberger in englischer Sprache 40 TeilnehmerInnen des städtischen Besucherprogramms für ehemalige FrankfurterInnen wieder durch die Ausstellung.
    Ebenfalls im Juni fand die von Elisabeth Leuschner-Gafga konzipierte und organisierte Veranstaltung „Hate“ statt (finanziell unterstützt von der Sebastian Cobler Stiftung) Gezeigt wurde dazu der Film „Sein Kampf“ von Jakob Zapf und Tonio Kellner. Er stellt dar, wie sich während des Berichtes eines Holocaustüberlebenden vor einer Schulklasse eine äußerst spannungsgeladene Situation entwickelt – ausgelöst durch zwei Neonazis der Klasse. In der Auseinandersetzung mit den im Film gezeigten Verhaltensweisen der beteiligten Personen wurden anschließend u.a. auch höchst aktuelle politische und gesellschaftliche Fragen aufgeworfen. An der Diskussion nahmen neben dem Regisseur SchülerInnen und Studierende aus dem Rhein-Main-Gebiet teil. Ursula Ernst von der Anne-Frank-Begegnungsstätte moderierte, Podiumsteilnehmer waren Carolin Arbter, Beata Berlin, Gabriel Häusler, Mahmoud Rafati, Helene Spieles, Jakob Zapf.
    Lesung und Gespräch mit Katja Behrens, der Autorin des Buches „Arthur Mayer oder Das Schweigen“ war die zweite Veranstaltung im September in der Reihe „Erzählte Erinnerung und erinnerndes Erzählen“. Die anschließende lebhafte Diskussion zu Motiven ihres literarischen Schreibens moderierte Prof. Dr. Hans-Peter Niebuhr.
    Anfang November folgte die von den Initiativenmitgliedern Erika Hahn, Edith Marcello und Elisabeth Leuschner-Gafga inhaltlich und organisatorisch vorbereitete Lesung „Nachrichten aus dem gelobten Land – die Briefe der Anuta Sakheim“, vorgetragen von Diwi Dreysse. Bedroht von dem zunehmenden Faschismus in Deutschland emigrierte Anuta Sakheim 1933 nach dem frühen Tod ihres Mannes mit ihrem Sohn nach Palästina. Sie kam in ein politisch zerrissenes Land, in dem die Briten gegen Ende des Ersten Weltkriegs den Juden eine Heimstatt versprochen hatten. Die bewegenden Briefe an ihren Sohn Ruben, später George, der in die USA wegen wirtschaftlicher Not ausgereist war, erzählen von dem täglichen Überlebenskampf seiner Mutter, der ersten Taxifahrerin in Israel. Petra Fehrmann las aus den Briefen, Brigitte Volhard begleitete mit dem Cello. Diese Veranstaltung wurde v.a. für G. Sakheim (der als Dolmetscher bei den Nürnberger Kriegsverbrecherprozessen tätig war) und seine Nachkommen filmisch dokumentiert.
    Am 9. November erinnerte die Initiative erneut an das Pogrom 1938 und alles, was folgte.



2016

    Am 8. Mai eröffneten wir zusammen mit dem Jüdischen Museum die neu konzipierte Ausstellung „Ostend – Blick in ein jüdisches Viertel“. Die mehr als 100 Besucher begrüßte Prof. Dr. Hans- Peter Niebuhr als Vorstandsvorsitzender unserer Initiative 9. November und nahm auch Stellung zur Fortentwicklung unserer inhaltlichen Arbeit sowie unseres Selbstverständnisses. Dr. Mirjam Wenzel, die neue Direktorin des Jüdischen Museums Frankfurt, sprach danach erstmals im Hochbunker und erläuterte neben ihren zukünftigen Projekten im völlig neu um- und angebauten Museum auch die konzeptionellen Überlegungen bezüglich obiger Ausstellung. Deren Kuratorin Heike Drummer führte dann gedanklich durch die neu gestalteten Text- und Bildtafeln sowie deren geschichtliche Grundlagen. Für den passenden musikalischen Rahmen sorgten Brigitte Volhard (Initiative) und Christopher Herrmann (beide Cello).
    Am 21. und 22. Mai waren wir als Kooperationspartner der Alten Oper Frankfurt für Organisation und Durchführung von neun Konzerten im Hochbunker (1. Stock) zum Themenbereich „Erinnerung“ verantwortlich. „One day in Life„, das 24stündige außergewöhnliche Konzertprojekt, initiiert von dem weltweit bekannten Musiker und Architekten Daniel Libeskind und dem Intendanten der Alten Oper Dr. Stephan Pauly, verband 18 Dimensionen des Lebens mit 18 Orten in Frankfurt durch insgesamt 75 entsprechend ausgewählte Konzertereignisse. Im seit langem ausverkauften Hochbunker, am Ort der ehemaligen Synagoge der Israelitischen Religionsgesellschaft, kamen vor mehr als 1000 Besuchern, die auch (vorher und nachher) unsere Ausstellungen besichtigen konnten, folgende Werke wiederholt zur Aufführung: Paul-Ben Haim, „Three Songs without Words“, op. 45; Luigi Nono, „Ricorda cosa ti hanno fatto in Auschwitz“ (Erinnere Dich, was sie Dir in Auschwitz angetan haben), für Tonband; und Arnold Schönberg, Suite für Klavier, op. 25. Für Nono übernahm Lennart Scheuren (Internationales Ensemble Modern Akademie) die Klangregie. Die weiteren Stücke spielten Peter Zielinska (Viola am 21.5.), Maria Ollikainen (Klavier am 21.5.), Aglaya Gonzalez (Viola am 22.5.) und Sophie Patey (Klavier am 22.5.). Eine Dokumentation des Großereignisses der Alten Oper liegt vor.

(c) 2016 Edith Marcello

    Am 19. Juni eröffneten wir unsere neue Dauerausstellung „Von Föhrenwald nach Frankfurt“ sowie in Kooperation mit dem Verein „Bürger fürs Badehaus Waldram-Föhrenwald“ deren Ausstellung „Die Kinder vom Lager Föhrenwald“ mit weitgehend unbekannten Fotografien aus Privatbesitz und aus internationalen Archiven (Wanderausstellung). Zur Begrüßung und Einführung in die Themen der Ausstellungen sprach Elisabeth Leuschner-Gafga (Vorstand der Initiative 9. Nov.). Danach überbrachte Dr.Sybille Krafft (Vorsitzende des Vereins „Bürger fürs Badehaus“) Grüße aus Waldram- Föhrenwald in Bayern und schilderte die bisherige und zukünftige Arbeit des Vereins. Iris Bergmiller-Fellmeth (Initiative) ging noch auf die Motivationen und Erfahrungen der Kuratorinnen (E. Leuschner und I. Bergmiller) bei der Recherchearbeit in Frankfurt ein. Schwerpunkt der Veranstaltung war dann die Podiumsdiskussion mit den Zeitzeuginnen und -zeugen aus Föhrenwald und der Waldschmidtstraße. Unter der Gesprächsleitung von Anton Jakob Weinberger (selbst Zeitzeuge sowie 1. Vorsitzender der Max Dienemann/Salomon Formstecher Gesellschaft Offenbach e.V.) berichteten in bewegenden, gleichzeitig ernsten und humorvollen Beiträgen folgende Gäste über ihre Kindheit und Jugend: Esther Alexander- Ihme, Shimon Ajnwojner, Boris Gerczikow und Majer Szanckower. Wir danken allen Teilnehmenden sehr für alle Unterstützung und auch die stete Bereitschaft zu Führungen durch die Ausstellungen. Die Veranstaltung wurde in einem eindrucksvollen Film (fast vollständig) als Zeitdokument bewahrt. Unser Kurztext zur Veranstaltung lautete:
Nach Kriegsende 1945 bestimmte die amerikanische Armee das frühere NS-Zwangsarbeiterlager Föhrenwald für die Unterbringung von sog. Displaced Persons, heimatlos gewordenen Menschen aus ganz Europa. Anfang Oktober erklärte General Eisenhower das Lager Föhrenwald dann zu einem ausschließlich jüdischen DP-Lager, einem der größten und am längsten bestehenden Lager für Holocaust-Überlebende und ihre Nachkommen. Nach Übernahme der Häuser durch das katholische Siedlungswerk wurden die jüdischen Familien 1956 insgesamt sieben Städten der jungen Bundesrepublik zugeteilt. In Frankfurt boten die beiden von der Nassauischen Heimstätte neu errichteten Häuser Waldschmidtstraße 129 und 131 den jungen Familien eine bescheidene Unterkunft. Die Schicksale der „Föhrenwalder“ sind bisher in Frankfurt kaum bekannt. Ihre Erlebnisse, Erfahrungen und Erkenntnisse sind jedoch von höchster Bedeutung für unser Geschichtsverständnis und für aktuellste Fragestellungen bezüglich des sozialen Miteinanders und der Integration.
    Am 14. Juli kamen Schülerinnen und Schüler der Anna-Schmidt-Schule Frankfurt mit ihren Lehrern zur Führung von Shimon Ajnwojner durch obige Ausstellungen.
    Am 9. August nahmen BesucherInnen des Treffpunktes für Überlebende der Shoah und der Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland an einer Führung von Majer Szanckower durch die beiden Ausstellungen zu Föhrenwald und der Waldschmidtstraße teil.
    Am 11. September setzten wir unsere Lesungsreihe „Erzählte Erinnerung und erinnerndes Erzählen“ fort. Der Vorstandsvorsitzende Prof. Dr. Niebuhr begrüßte das Publikum und die Vortragende Carmen Renate Köper, Schauspielerin, Regisseurin und Filmemacherin, jetzt wohnhaft in Wien. „Kertész lesen“ war ihr Programm überschrieben, das verschiedene Texte aus dem Werk Imre Kertész, des ungarischen Schriftstellers, der 2002 den Literaturnobelpreis erhielt, sehr eindrucksvoll zu Gehör brachte. Auch Ausschnitte aus seiner weltweit bekanntesten Veröffentlichung „Roman eines Schicksallosen“, in der er seine Erfahrungen als siebzehn-jähriger jüdischer Gefangener der Konzentrationslager Auschwitz und Buchenwald scheinbar emotionslos schildert, wurden vorgetragen. Imre Kertész starb im März 2016 im Alter von 86 Jahren in Budapest.
    Am 5. Oktober führte Iris Bergmiller-Fellmeth eine Seniorengruppe des Aktivclubs
Wiesenstraße des Frankfurter Verbandes durch beide Ausstellungen.
    Am 30. Oktober erzählten Esther Alexander-Ihme und Majer Szanckower ehrenamtlichen MitarbeiterInnen aus dem jüdischen Altersheim von ihren Erlebnissen in Föhrenwald und der Waldschmidtstraße.
    Am 30. Oktober eröffneten wir in der Reihe BunkerRaumKlang die Konzerte mit dem
Ensemble „La Fantasia“ unter dem Titel „Auf der Suche nach dem verlorenen Klang“. Elisabeth Leuschner-Gafga erinnerte in ihrer Begrüßung die zahlreich erschienenen Gäste an das Lebenswerk Jochen Martinis und seiner Ehefrau Judith Freise, beide unserer Initiative seit langem verbunden, u.a. durch die im Bunker nun beheimatete Ausstellung „Musik als Form geistigen Widerstands“. Judith Freise (Barockvioline) brachte zusammen mit ihren Kollegen Freek Borstlap (Viola da gamba) und Rien Voskuilen (Cembalo) Werke von Dietrich Buxtehude (ca. 1616–1707), Johann Jakob Froberger (1616–1667) und weiteren
Komponisten des Stylus fantasticus zu Gehör. Für die Organisation zeichneten die Initiativen Mitglieder Esther Baron, Erika Hahn, Edith Marcello und Monika Richter verantwortlich.
    Am 9. November kam Frau Pfarrerin Susanne Lenz von der evangelisch-reformierten Buchenbuschgemeinde Neu-Isenburg zusammen mit einer Seniorengruppe ebenfalls in die beiden Ausstellungen.
    Am 9. November erinnerten wir – wie in jedem Jahr – im und vor dem Hochbunker an die Zerstörung der Synagoge der Israelitischen Religionsgesellschaft und die Verfolgung und Ermordung ihrer Mitglieder. Zum Gedenken an die landesweite Pogromnacht des 9. November kamen zahlreiche Besucher, denen wir den Film „Kinder, steht alle auf, die zünden die Synagoge an!“ zeigten – eine Aufzeichnung unserer Eröffnungsveranstaltung im April 2013 mit dem One Earth Orchestra und der Lesung von Zeitzeugenberichten (Reihe BunkerRaum-Klang).
    Am 27. November trafen sich fast alle Zeitzeugen der Podiumsdiskussion – Esther Alexander-Ihme, Anton Jakob Weinberger (Gesprächsleitung), Shimon Ajnwojner, Boris Gerczikow – zusammen mit Familienmitgliedern, z.B. Ida Gerczikow und Susi Ajnwojner und Initiativenmitgliedern zur Finissage der beiden Ausstellungen „Die Kinder vom Lager Föhrenwald“ und „Von Föhrenwald nach Frankfurt“, um Erfahrungen aus den letzten Monaten auszutauschen und Perspektiven für die Weiterentwicklung unserer Ausstellung im nächsten Jahr auszuloten. Fast ausschließlich Positives wurde berichtet und viele Anregungen und konkrete Angebote zur gemeinsamen Weiterarbeit gemacht.

2017

    Die Übereignung des Bunkers durch die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BIMA) an die Stadt Frankfurt wurde nach langen Verhandlungen im Oktober 2016 Wirklichkeit mit der Auflage, diesen weiterhin als Gedenkort durch die Initiative 9. November betreuen zu lassen. In einem Schreiben begrüßt uns die Stadt als ihre neuen Mieter und versichert uns, dass der bestehende Mietvertrag fortgeführt werde. Dem vorausgegangen war eine große, öffentliche Kampagne unsererseits, die erfolgreich verhinderte, dass Bunker und Grundstück auf dem freien Markt an beliebige Investoren verkauft werden konnten, was ursprünglich beabsichtigt war (umfangreiche Stellungnahmen und Schreiben sind dokumentiert).
    Von Mai bis November waren wir jeden Sonntag von 11.00 bis 14.00 Uhr (Führungen ab 11.30Uhr) zugegen, um die Besichtigung folgender Dauerausstellungen zu ermöglichen:

  1. Ostend – Blick in ein jüdisches Viertel;
  2. Vom DP- Lager Föhrenwald nach Frankfurt in die Waldschmidtstraße
  3. Musik als Form geistigen Widerstands, Frankfurter jüdische Musikerinnen und Musiker.

    An den Führungen nahmen 117 Personen teil, 126 Personen besuchten die Ausstellungen ohne Führung. Spezielle Führungen (mit J. Steinmetz, G. Schlick- Bamberger, G. Kößler, S. Schmidt) nahmen 219 Personen wahr (darunter 78 Schüler:innen): diese in Kooperation mit dem pädagogischen Zentrum des Jüdischen Museums (28.6.) und Mitarbeiter:innen selbst (1.8.) sowie Mitglieder von „Thora in Motion“ aus Kanada (26.7.); Familie Shahrabani aus New York; Lehrer:innen aus NRW (7.10.); Mitarbeiter:innen des Fritz- Bauer- Institutes (22.8.); Teilnehmer:innen der Tagung „Geteilte Erinnerung“ der Jüdischen Gemeinde (2.11.); im Rahmen des Besucherprogramms der Stadt Frankfurt zahlreiche ehemalige jüdische Frankfurter:innen und Frankfurter und ihre Nachkommen (11.5.); Schulklassen der IGS Herder (7.11. und 14.11.); Schüler:innen der Max Beckmann Schule (9.11.).
    Acht sehr erfolgreiche Veranstaltungen organisierten wir überwiegend am Ort der ehemaligen Synagoge, aber auch in der University of Applied Sciences Frankfurt mit insgesamt ca. 960 Besucher:innen:
Vom 24. bis 25. Januar die Tagung „Paranoia, Populismus, Pogrom – archaische und nationalsozialistische Affekterbschaften heute“; eine Kooperation unserer Initiative mit dem Sigmund- Freud-Institut und der University of Applied Sciences; unterstützt von der Friedrich-Ebert-Stiftung; 250 Teilnehmer:innen, darunter viele Student:innen
Vorträge und Wortbeiträge kamen von: Regina Becker- Schmidt; Dietmar Becker; Iris Bergmiller- Fellmeth; Joachim Brenner; Hajo Funke; Thomas Gebauer; Kurt Grünberg; Wolfgang Leuschner; Elisabeth Leuschner-Gafga; Jan Lohl und Tom David Uhlig. Eine Publikation mit den Beiträgen liegt seit der Buchmesse (Oktober 2017) vor. Es erschienen zahlreiche positive Kritiken. Ein Beispiel aus „antifa“ – Magazin für antifaschistische Politik und Kultur (7.11.17):
„Die 15 Beiträge ….. kommen direkt nach dem Durchbruch der AfD bei den Bundestagswahlen zur rechten Zeit. Der Blickwinkel der Autoren ist der der psychoanalytischen Sozialpsychologie und fragt nach tiefliegenden Bedingungen und Ursachen für politisch wahnhaftes Denken und Handeln. Er ist auch deshalb wichtig, weil er einen Kontrapunkt zu der zurzeit beliebten Tendenz setzt „mit Rechten reden“ zu wollen, sie „mit Argumenten zu widerlegen“ oder zu „überzeugen“…
Untersucht wurde die Wirkung nationalsozialistischer Verfolgung in die gesellschaftliche Gegenwart (und Zukunft) der BRD hinein. Welche Ursprünge und Bedeutungen haben Pegida und andere rechtspopulistische Bewegungen? Welche individuellen Identifizierungen und sozialpsychologischen Mechanismen sind wirksam? Welche Rolle spielt kulturelles und kollektives Gedächtnis? Welche ökonomischen und gesellschaftspolitischen Bedingungen lassen komplexe Konflikte entstehen, für die diese Gruppen einfache „Lösungen“ anbieten? Wie entstehen genozidale Stimmungen, die zu Pogromen führen können?
    Am 17. März unser erster Jour fixe: Referentin war Gaby Hohm, frühere, langjährige Projektleiterin bei der Stiftung Lesen in Mainz, mit vielfältigen Erfahrungen aus diesbezüglichen Workshops zusammen mit Erwachsenen, Jugendlichen und Kindern in Israel und Palästina in deren unterschiedlichen Bildungseinrichtungen.
    Vom 30. April. bis 22. Mai Beteiligung unserer Initiative am Projekt „New Citizens“ mit dem Foto einer Frau an der Bunkerwand: Der weißrussische Künstler Vitus Saloshanka – seit 2010 in Frankfurt lebend – schuf ein Ausstellungsprojekt mit 13 Bildern auf Gebäudefassaden im  städtischen Raum; kuratiert von Aileen Treusch und Juliane von Herz. Er hatte Geflüchtete auf einem Wohnwagenstellplatz am Rebstockbad portraitiert. Mit der plötzlichen Sichtbarkeit der Menschen, die längst in der Stadt wohnen, tauchen unweigerlich die Fragen auf, die schon Hannah Arendt stellte: „Wem wird welches Menschenrecht zuteil und gibt es eins für alle oder mehrere für manche? Wer ist nur Bewohner, wer Bürger einer Stadt; wie erwirbt man Bürgerrecht?“
    Am 7. Mai Eröffnung der erneuerten Ausstellung „Ostend – Blick in ein jüdisches Viertel“ zusammen mit dem Jüdischen Museum: Redner waren Prof. Dr. Hans- Peter Niebuhr, Vorstandsvorsitzender der Initiative und Fritz Backhaus, stellvertretender Direktor des Jüdischen Museums. Das „Mobile Beats Ensemble“ mit Berk Schneider (Posaune) und Lennart Scheuren ( Klangregie) spielten Stücke namens „Sequenza“.
Im Rahmen des Besucherprogramms der Stadt Frankfurt für ehemalige jüdische Familien führten Jürgen Steinmetz und Gabriela Schlick- Bamberger 50 Gäste durch die Ausstellung. Begrüßung durch Erika Hahn
Die 7. Klasse von St. Angela in Königstein führte J. Steinmetz am 28. Juni ebenfalls durch die Ausstellung.
    Am 6. Juli luden wir zum zweiten Jour fixe: Die Professorin Karen Fiss aus San Franzisco sprach zum Thema „Faszinierender Fetischismus: Über die Säuberung und Neuerfindung von Orten der Erinnerung im kollektiven Geschichtsgedächtnis“ und zeigte anhand zahlreicher Beispiele die Nutzung von Nazibauten für Ausstellungen kommerzialisierter zeitgenössischer Kunst. Wie in ihrer Publikation „Vom Nationalstaat zum Staat als Marke“ dargestellt, interpretiert sie solche Praktiken als Kulturpolitik, die Geschichte beseitigt, um sie zum Zwecke einer „nationalen Markenbildung“ (nation branding) umzuschreiben. (Organisation: E. und W. Leuschner; Übersetzung: Erika Hahn)
Buchvorstellung am 17. August im Haus am Dom: „Nachrichten aus dem Gelobten Land – Die Briefe der Anuta Sakheim“: Diwi Dreysse schilderte, dass der Sohn Ruben die Briefe seiner Mutter der Initiative anvertraute, woraufhin Mitglieder (E. Marcello, E. Hahn, E. Leuschner) eine chronologische Auswahl trafen und den historischen Hintergrund in Israel erarbeiteten, um 2015 eine erste Lesung im Bunker zu veranstalten, die in einem Film für Ruben Sakheim (heute 95 Jahre alt) in New York dokumentiert wurde. Daraus entstand obiges Buch. Anuta S. emigrierte mit ihrem Sohn 1931 nach Palästina, nachdem ihr Mann Arthur, Dramaturg und Regisseur am Schauspiel Frankfurt, plötzlich verstorben war. Verarmt verdiente sie als erste Taxifahrerin in Tel Aviv den Lebensunterhalt und schickte schließlich Ruben – selbst unheilbar erkrankt – zu einer Tante in den USA. Alice von Lindenau las aus den Briefen; Marion Tiedtke beschrieb die Situation im Schauspiel Frankfurt vor und nach Beginn der Naziherrschaft.
    Am 10. September veranstalteten wir zusammen mit Jo van Nelsen die Grammophon- Lesung „Ich küsse Ihre Hand, Madame – Jüdische Künstler auf Schellack“; Begrüßung Hans- Peter Niebuhr; Organisation: E. Marcello, E. Hahn, E. Baron
Im Musikleben der Weimarer Republik spielten u.a. eine Rolle: Sänger Richard Tauber, Dirigent Julius Prüwer, Violinistin Edith Lorand; es gab Bezüge zu unserer Ausstellung über Frankfurter Musiker:innen; Texte von Stefan Zweig u.a.
    Am 8. Oktober führten wir in der Reihe BunkerRaumKlang und dem Titel „Auf der Suche nach dem verlorenen Klang“ die Konzerte mit dem Ensemble „La Fantasia“ weiter. Begrüßung Elisabeth Leuschner- Gafga; Organisation: E. Marcello, E. Baron, B. Volhard
Judith Freise (Barockvioline), Rien Voskuilen (Cembalo) und Freek Borstlap (Viola da gamba) spielten Werke von Dietrich Buxtehude (1616 – 1707), Johann Jakob Froberger (1616 – 1667) und weiteren Komponisten des Stylus fantasticus.
Am 22. Oktober in unserer Reihe „Erzählte Erinnerung und erinnerndes Erzählen“ fand die Lesung aus ihrem Roman „Winternähe“ mit der Schriftstellerin Mirna Funk statt. Begrüßung und Moderation: Hans- Peter Niebuhr; Organisation: E. Baron; Literaturgruppe
    Am 5. November Eröffnung der erweiterten Dauerausstellung „Vom DP- Lager Föhrenwald nach Frankfurt in die Waldschmidtstraße“, kuratiert von Iris Bergmiller- Fellmeth und Elisabeth Leuschner- Gafga:
Unter der Gesprächsleitung von Anton Jakob Weinberger (selbst Zeitzeuge und 1. Vorsitzender der Max Dienemann/ Salomon Formstecher Gesellschaft Offenbach e.V.) berichteten in ernsten und gleichzeitig humorvollen Beiträgen folgende Zeitzeug:innen über ihre Kindheit und Jugend im DP- Lager Föhrenwald und später in Frankfurt: Esther Alexander- Ihme, Schymon und Fiszel Ajnwojner, Boris und Ida Gerczikow, Sabine Segoviano, Sami Weinberger, Regina Olma und Majer Szanckower. Ihre Schicksale waren bisher kaum bekannt. Ihre Erlebnisse, Erfahrungen und Erkenntnisse sind jedoch von höchster Bedeutung für unser Geschichtsverständnis und für aktuellste Fragestellungen bezüglich des sozialen Miteinanders und der Integration. Organisation: I. Bergmiller- Fellmeth und E. Leuschner- Gafga
    Gedenkveranstaltung am 9. November im und vor dem Bunker in Kooperation mit der Amadeu Antonio Stiftung und ihrer bundesweiten Aktionswochen gegen Antisemitismus; ein Vortrag von Diwi Dreysse informierte die zahlreichen Besucher:innen über die Geschichte vor Ort und aktuelle Verbrechen.
    Am 26. November Jahresabschlusskonzert in der Reihe BunkerRaumKlang mit dem One Earth Orchestra und den afghanischen Musikern Ustad Ghulam Hussain, Rubab, Mirweis Neda, Tablas sowie Ruben Staub (Klarinette), Mila Krasnyuk (Violine, Viola), Larissa Nagel (Cello), Dragan Ribic (Akkordeon), Sebastian Flaig (Perkussion), Volker Staub (Perkussion und künstlerische Leitung). Neue Kompositionen und traditionelle Musiken aus Frankreich, Bulgarien, Israel, Afghanistan, Syrien, dem Senegal, Ecuador und Deutschland erklangen.
Begrüßung Hans- Peter Niebuhr; Organisation: E. Marcello, E. Baron

2018

    Geöffnet und von uns betreut wurden von Mai bis Dezember die Dauerausstellungen „Ostend – Blick in ein jüdisches Viertel“, „Vom DP- Lager Föhrenwald nach Frankfurt in die Waldschmidtstraße „ und „Musik als Form geistigen Widerstands – Jüdische Musikerinnen und Musiker in Frankfurt 1933- 1945“. Sonntags sowie an Zusatzterminen kamen ca. 700 Besucher:innen und Seminarteilnehmer u.a. vom Pädagogischen Zentrum des Fritz- Bauer- Institutes, des Jüdischen Museums, der Waldorfschule (8.11. mit Zeitzeugen Boris Gerczikow und Schymon Ajnwojner sowie Iris Bergmiller), Lichtigfeldschule (20.6.), Friedrich- Ebert- Schule (20.11.), Humboldtschule Bad Homburg (23.2.), Herderschule (30.5.), Julius Leber Fachoberschule, des Heinrich- von Gagern- Gymnasiums (20.9.); des Seminars für Judaistik (14.5.), für Geschichtsdidaktik Uni Hannover (3.5.), Goethe- Universität (25.5.); drei Reisegruppen „Milk & Honey“ (26.3. ; 21.5. ; 16.7.) sowie Nachkommen ehemaliger jüdischer Frankfurter Familien (8.5.). Führungen auch durch: Gottfried Kößler, Gabriela Schlick-Bamberger und Jürgen Steinmetz
    An sechs erfolgreichen Veranstaltungen der Initiative nahmen rund 540 Besucher:innen teil; hinzu kamen drei Kooperationsveranstaltungen.

    Am 5. Februar  Kooperation mit Autorenbuchhandlung: Lesung (Alice von Lindenau) aus „Nachrichten aus dem gelobten Land – die Briefe der Anuta Sakheim“; Einführung durch Diwi Dreysse
Am 6. Mai Saisonöffnung unter dem Motto „Ort der Unruhe“: Lese- (Petra Fehrmann, Günther Henne) und Musikveranstaltung (Martin Landzettel, Geige und Stefan Hladek, Gitarre); Begrüßung Brigitte Volhard; Vortrag zur Geschichte des Ortes Dr. Mirjam Wenzel; Führungen durch Gabriela Schlick-Bamberger und Esther Alexander-Ihme; Organisation: E. Marcello, H.P. Niebuhr, R. Berlin, B. Volhard, I. Bergmiller
    Am 10. Mai Zusammen mit VVN-BdA Gedenken an die Bücherverbrennung vor 85 Jahren auf dem Römerberg; u.a. Lesung durch Elisabeth Leuschner aus Stefan Zweig „Die Welt von Gestern. Erinnerungen eines Europäers“
    Am 17. Mai Festveranstaltung zum 30jährigen Jubiläum der Initiative 9. November unter der Schirmherrschaft von Oberbürgermeister Peter Feldmann:
Vor rund 100 Besucher:innen erklang Musik von „Aramesk/Bridges“; die Grußworte und Reden würdigten die langjährige Arbeit und Kooperation als vorbildlich und beispielhaft für zivilgesellschaftliches Engagement gegen das Vergessen an diesem neu geschaffenen Begegnungsort. Moderation Iris Bergmiller- Fellmeth; Begrüßung Elisabeth Leuschner- Gafga; Redner:innen: Kulturdezernentin Dr. Ina Hartwig; Marc Grünbaum, Jüdische Gemeinde; Michael Lenarz (Jüdisches Museum); Dr. Meron Mendel (Bildungsstätte Anne Frank); Prof. DW Dreysse (Initiative); Hermann Steib (Ortsvorsteher); Joachim Brenner (Förderverein Roma); Fritz Backhaus (ehem. Jüdisches Museum); Anton Jakob Weinberger (Zeitzeuge Föhrenwald, Vorsitzender Max Dienemann/ Salomon Formstecher Gesellschaft Offenbach); Dr. Wolfgang Leuschner (Initiative) und Dr. Kurt Grünberg (Initiative). Dokumentiert im Film und auf Homepage. Organisation: Iris Bergmiller-Fellmeth, Elisabeth Leuschner-Gafga, Mechthild Couzens
    Am 19. August Antifa Erzählcafé der VVN-BdA im Bunker: Lesung mit dem Autor Thomas Willms aus „Auschwitz als Steinbruch – Was von den NS- Verbrechen bleibt“; Diskussion; Organisation und Einführung Elisabeth Leuschner-Gafga
    Am 11. September Ortsbeiratssitzung (IV) im Bunker; Diwi Dreysse klärt über Ortsgeschichte und Initiative auf.
    Am 23. September Lesung und Diskussion „Vom DP- Camp Föhrenwald nach München und Frankfurt“ mit Esther Alexander- Ihme (Zeitzeugin) und Alexandra Finder, Matthias Naumann und Johannes Wenzel (Theaterkollaborativ Futur II Konjunktiv): basierend auf dem Recherchestück „nicht von hier irgendwo“ über die Lebenssituation jüdischer Displaced Persons in der Nachkriegszeit.  Organisation Iris Bergmiller- Fellmeth
    Am 14. Oktober 4. Konzert in der Reihe BunkerRaumKlang unter dem Titel „Auf der Suche nach dem verlorenen Klang“ mit dem Ensemble „La Fantasia“: Französische Barockmusik (Le Gout Francais) gespielt von Judith Freise (Barockvioline), Freek Borstlap (Viola da Gamba) und Rien Voskuilen (Cembalo). Begrüßung und Einführung durch Wolfgang Leuschner; Organisation: Edith Marcello und Elisabeth Leuschner- Gafga
    Am 9. November Gedenkveranstaltung zu den Novemberpogromen 1938: Vortrag zum Geschehen durch Diwi Dreysse; Öffnung aller Ausstellungen über Stunden für ca. 250 Besucher:innen; Großflächig auf die Bunkerwand projizierte Bild- und Filmdokumente der Synagoge der Israelitischen Religionsgesellschaft Frankfurt, der brennenden Bielefelder Synagoge und des Abbruchs der Synagogen in München und Kaiserslautern. Organisation: Diwi Dreysse, Marc Grellert, Esther Baron
    Am 11. November Gedenkveranstaltung an der Messe Frankfurt zusammen mit VVN-BdA

Die Initiative 9. November e.V. wurde 2018 vom Kulturamt der Stadt Frankfurt mit einer institutionellen Förderung und von der Stiftung Citoyen Frankfurt mit einer Projektförderung unterstützt.



    Für die Initiative engagieren sich heute: Iris Bergmiller-Fellmeth, Renata Berlin, Liselotte Bieback-Diel, Rainer Boettge, Inga Buhmann, Martina Castaldo, Mike Couzens, Diwi Dreysse, Helga Dierichs, Marc Grellert, Erika Hahn, Thomas Klein, Elisabeth Leuschner-Gafga, Wolfgang Leuschner, Angelika Markert, Meron Mendel, Claudia Weigt, Anton Jakob Weinberger.

    Dem gegenwärtigen Vorstand der Inititative gehören Renata Berlin und Rainer Boettge an.

    Veröffentlichungen der Initiative:
„Displaced Persons – Vom DP-Lager Föhrenwald nach Frankfurt am Main“, Brandes & Apsel, 2017 Frankfurt
„Populismus Paranoia Pogrom – Affekterbschaften des Nationalsozialismus“, Brandes & Apsel, 2017 Frankfurt
„Entfesselung des Bösen – was trieb Nazitäter zu ihrem mörderischen Handeln?“, Eigenverlag, 2015 Frankfurt
„Erinnerung braucht Zukunft“, Brandes & Apsel, 2010 Frankfurt


    Unterstützung:
Die Arbeit und die Projekte der Initiative 9. November wurden und werden vom Bürgermeister sowie Beauftragter der Hessischen Landesregierung für Jüdisches Leben und den Kampf gegen Antisemitismus Uwe Becker, vom Kulturamt der Stadt Frankfurt, vom Amt für Multikulturelle Angelegenheiten; vom Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst; der Stiftung Citoyen, der Sebastian Cobler Stiftung, der Stiftung Polytechnische Gesellschaft, der Georg und Franziska Speyer’schen Hochschulstiftung, der Naspa-Stiftung, der Sparkassen-Kulturstiftung Hessen-Thüringen, der BGAG-Stiftung Walter Hesselbach und der Amadeu Antonio Stiftung unterstützt.

    Frankfurt, den 17.3.2021 Elisabeth Leuschner- Gafga, Edith Marcello (bis 2018)

 

Gründungsbrief der Initiative

Frankfurt 24.5.88

Initiative 9.November
c./o. PflasterStrand
Hamburger Allee 45
6OO0 Frankfurt 90
Tel. 776097/98/99

C. Kugelmann
Kettenhofweg 125
D-6000 Frankfurt/Main
Tel.:(069) 746334

AN ALLE,
die sich angesprochen fühlen

Liebe Freundinnen und Freunde,
sehr geehrte Damen und Herren!

Mit diesem Brief möchten wir dich/Sie zur Gründung einer „Initiativ« 9. November“ einladen. Sie soll den Charakter eines reinen ad-hoc-Komitees tragen, d.h. sich ausschließlich darauf beschränken, Aktivitäten der verschiedensten Art bis zum 9. November, dem 50. Jahrestag der „Reichskristallnacht“ . zu initiieren.

Wir haben uns zunächst darauf verständigt, dass wir die geplanten offiziellen Veranstaltungen zum 9. November für nicht ausreichend halten. Deshalb haben wir den „Vorschlag zur Unruhe“ und die konkreten Anregungen, die im offenen Brief der Pflasterstrand-Redaktion enthalten sind, aufgegriffen und meinen, daß in dieser Richtung vieles getan werden könnte, was dem Gedanken, aber auch der notwendigen Auseinandersetzung über das historisch Geschehene eine neue Qualität geben könnte. Wir steller uns die Initiative als ein reines „Personenkomitee“ vor, d.h. nicht als ein Zusammenschluss von Gruppen, Organisationen usw.: wenn man so will: als eine größere Geschichtswerkstatt, über die unterschiedliche Aktivitäten lose verbunden und auf den 9. November hin gebündelt werden.

Die Gründung der Initiative soll am um 20:00 Uhr im Philanthropin, Clubraum 1 erfolgen. Wir werden den Termin vorher öffentlich bekannt geben und bitten euch/Sie, auch interessierte Freunde und Bekannte mitzubringen.

Für den Initiatorenkreis (Micha Brumlik, Eva Demski, Susanna Keval, Elisabeth Kiderlen, Gerd Koenen, Cilly Kugelmann, Anna Leszcinska-Koenen)

Handschriftlich unterschrieben von Gerd Koenen