Antrag Finanzierung Neugestaltung Bunker Eingang

Zwei Schritt vor ein Schritt zurück – Übung in Toleranz

Die „Initiative 9. November” ist 1988 nach der Räumung des besetzten Börneplatzes entstanden. Die Stadt Frankfurt hatte ihre Bebauungspläne durchge­setzt: Die freigelegten Fundamente der Frankfurter Judengasse am Börneplatz wurden überbaut.

Der Bunker an der Friedberger Anlage 5/6, den die Nazis auf den Fundamenten einer Synagoge errichten Hessen, ist eine der letzten authentischen Stätten in der Frankfurter Innenstadt, die von der Zeit jüdischen Lebens und der Nazi-Herrschaft unmittelbar Zeugnis ablegen.

Die Synagoge der Israelitischen Religionsgesellschaft war am 9. November 1938 in der „Kristallnacht” zerstört worden. 1989 wurde der Bunker für den Zivilschutz reaktiviert.

Die Initiative 9. November e. V. setzte sich von Anfang an dafür ein, diesen Ort in den Stadtteil hineinzuholen. Mit Veranstaltungen: Zeitzeugenberichten, Le­sungen, geleiteten Diskussionen zur aktuellen Rassismusdebatte, Ausstellun­gen (siehe auch Projektbeschreibung zur Ausstellung „Ostend – Blick in ein jü­disches Viertel”) will die Initiative den Bunker mit dem Mahnmal auf dem Gelän­de zu einem Ort der Erinnerung und des Lernens, zu einem Ort der lebendigen Auseinandersetzung machen. Hier kann die Vergangenheit lehren, woran der Integrationsversuch der ausgelöschten jüdischen Gemeinden scheiterte und die Gegenwart nach ihrer Fähigkeit zur Aufnahme von Minderheiten befragt wer­den. An diesem Ort wird eindringlich evident, wohin Ausgrenzung, Hass und Gewalt führen. Wie das Logo der Initiative zeigt: auf dem Grundriss der zerstör­ten Synagoge liegt der Grundriss des Bunkers, 1942 errichtet von Kriegsgefan­genen mitten im Krieg.

Dreizehn Jahre lang haben Mitglieder der Initiative ehrenamtlich gearbeitet. Mit der Einrichtung einer Stelle für eine hauptamtliche Arbeitskraft von Mai 2001 bis Mai 2003 – als ABM anteilig finanziert vom Kulturdezernenten und Arbeitsamt – kam Hoffnung auf, mit einem formulierten Nutzungskonzept endlich eine kontinuierliche Öffentlichkeitsarbeit vor Ort anfangen zu können. Weit gefehlt. Der Bunker blieb verschlossen. Die letzten zweieinhalb Jahre ha­ben uns gezeigt, wie viel es braucht an Zeit, Energie und Geld, um eine Tür zu öffnen – eine Tür, die gasdicht verschlossen für 48 Stunden Schutz vor einem Angriff bieten soll. Wir wollen die Tür öffnen, um Angriffen / Aggressionen auf andere Art und Weise zu wehren.

An unsere Vorstellungen, wie eine solche Arbeit aussehen kann, hatten wir auf Frankfurter Bürgerinnen und Bürger und insbesondere auf Schülerinnen und Schüler ausgerichtet. Ganz schnell mussten wir lernen, dass unsere „Öffent­lichkeitsarbeit” für mehr Toleranz und Demokratie sich zunächst an einen völliganderen Personenkreis wenden muss. Um mit unserer Arbeit vor Ort anfangen zu können, brauchten wir einen Nutzungsvertrag für das Erdgeschoss des Bunkers. Wir könnten von einer Ochsentour sprechen quer durch die Ämter und Behörden. Wir können aber auch sagen, dass uns eine Überzeugungskampagne gelungen ist, das Einverständnis zu erlangen, diesen verschlampten und vernachlässigten Ort für eine Toleranz- und Demokratieentwicklung zu öffnen:

Beim Ortsbeirat angefangen, über Magistrat, Kulturdezernat, Branddirektion, Vorbeugenden Brandschutz, Bauamt, Umweltdezernat, Garten- und Grünflächenamt, Straßenbauamt, Denkmalschutz, Hessisches Ministerium für Wissenschaft und Kunst, Bundesvermögensamt, Bundesverwaltung, Zentrale Stelle für Zivilschutz, bis hin zum Bundesinnenministerium konnten Beamte für unsere Vorstellungen gewonnen werden. Höhepunkt war ein gemeinsamer Ortstermin mit Vertretern aus Frankfurt, Bonn und Berlin. Einige Bürokraten, haben unsere eigene Toleranz, Geduld und Höflichkeit hart auf die Probe gestellt, aber letztendlich fanden wir auch bei Ihnen Gehör und Unterstützung.

Jetzt sind alle Hindernisse genommen und die Initiative wird zum 9. November 2003 einen Nutzungsvertrag für den Bunker erhalten. Endlich an dem Punkt angelangt, an dem wir vor über zwei Jahren anfangen wollten:

Den authentischen Ort als Symbol für Intoleranz und Gewalt aus seiner Ausgegrenztheit zu holen und dort die Auseinandersetzung für die Notwendigkeit eines toleranten Miteinanders zu führen. Alle Gelder, die wir über die Mitglieder der Initiative, aus öffentlichen Töpfen und über Sponsoren bekommen haben, sind in das öffnen der Bunkertür geflossen.

Druck einer Broschüre zur Darstellung der Arbeit (liegt bei).

Kosten für den Bauantrag zur Aufstellung eines Containers auf dem Gelände, um – trotz verschlossener Tür – mit einem „Geschichtsbüro Ostend-Synagoge” präsent zu sein. Miete, An- und Abtransport des Containers.

Baumaßnahmen durch die Auflagen des Vorbeugenden Brandschutzes im Erdgeschoss des Bunkers.

Fassadengestaltung, um den monolithischen Block des Bunkers zu durchbrechen und vorangegangene, zerstörte Geschichte sichtbar zu machen.

Für den „eigentlichen” Start, (siehe Einladung zur Pressekonferenz zum 5. November 03) jetzt mit dem Nutzungsvertrag in der Tasche, ist uns das Geld ausgegangen. Wir müssen als Treffpunkt für die Mitgliederversammlungen der Initiative, Ort für unser Material und kleinere öffentliche Diskussionsrunden einen kleinen Vorraum vor der gasdichten Bunkertür als Empfangsraum herrichten und bescheiden ausstatten. Nur hier können wir heizen.

Ein Architekt hat uns eine Beschreibung und Kostenaufstellung „gespendet”. Die aufgeführten Brandschutzauflagen haben wir erfüllt. Heute wenden wir uns an Sie, mit der Frage, ob Sie uns bei der Finanzierung ‘Neugestaltung Eingang’ unterstützen können.

Dr. Beate Scheunemann