Juli 2019

Stellungnahme der Initiative 9. November e.V. zu der geplanten Machbarkeitsstudie bezüglich einer weiteren Ausgestaltung des Ortes der 1938 zerstörten Synagoge der Israelitischen Religionsgesellschaft und dem darauf stehenden Kriegsbunker in Frankfurt, Friedberger Anlage 5-6

Grundsätzliche Vorbemerkungen

Die Umgestaltung des Ortes soll die Realisierung der folgenden, bisher von der Initiative 9. November e.V. verfolgten Ziele fortsetzen:
– das Monströs-Zerstörerische des Bunkers noch deutlicher als bisher sichtbar zu machen, indem seine Gestalt in der gegenwärtigen Form im wesentlichen nicht nur erhalten bleibt, sondern die Veränderungen der letzten Jahrzehnte als Teil der Geschichte des Umgangs mit diesem Tatort weiter herausgestellt werden.


– im Sinne eines Junktims müssen die unter dem Bunker begrabenen Fundamente der zerstörten Synagoge ausgegraben, präsentiert und langfristig geschützt werden. An diesem neu zu gestaltenden Ort muss stets der Kontrast zwischen Zerstörerischem und Zerstörtem fühl- und wahrnehmbar sein. Jedwede sich aus dem Erstellen der Machbarkeitsstudie ergebende Aktivität ist dem herausstellen dieses Doppelcharakters des Memorials zu unterwerfen.
– Die vor dem Bunker errichtete Gedenkstätte mit Gedenksteinen soll unverändert erhalten bleiben, falls spätere Stichgrabungen nicht ergeben, dass hier noch bedeutende erhaltenswerte Synagogenfundamente vorhanden sind und zumindest teilweise sichtbar gemacht werden können.

  1. Veränderungen des Bunkers

Die äußere und innere architektonische Gestalt des Bunkers selbst soll in der gegenwärtigen Verfassung im Wesentlichen erhalten bleiben. Zu bedenken ist dabei, dass es sowohl die vorhandenen Spuren des ehemaligen „Luftschutzbunkers“ der Kriegszeit, dann seine Nutzung nach dem Krieg als Monumente eines Vergessenmachens, schließlich auch die Veränderungen der letzten Jahrzehnte zu bewahren und weitergehend sichtbar zu machen gilt. So sollen auch die 1988 vorgenommenen Umbauten zu einem ABC-Bunker als Zeitdokument weitestgehend erhalten bleiben.
Notwendige bauliche Maßnahmen:

  • Umfassende Brandschutz-Maßnahmen in allen Stockwerken zur Gewährleistung der Sicherheit von max. 199 Ausstellungsbesuchern
  • Erneuerung der Toilettenanlagen in Erdgeschoss und 1. Stock
  • Anschaffung eines Skalamobils zur Erreichung oberer Stockwerk für gehbehinderte Menschen
  • Aufbau einer von außen nicht sichtbaren Solaranlage auf dem Dach des Bunkers
  • Verbesserung der Beleuchtungsanlage im 2. bis 4. Stockwerk

Darüber hinaus sollen keine weiteren Veränderungen vorgenommen werden. So soll im Bunker kein spezieller Seminarraum eingerichtet werden, es sollen keine Schwellen- und Bunkertüren beseitigt, keine Heizung, kein Lift weder innen noch außen installiert werden.

Nutzung:

  • Im Erdgeschoss die ständige Ausstellung „Ostend – Blick in ein jüdisches Viertel“ (erstellt vom Jüdischen Museum Frankfurt; vorhanden
  • Im 1. Stock die ständige Ausstellung der Initiative 9. November „ Vom DP-Lager Föhrenwald nach Frankfurt in die Waldschmidtstraße“ (vorhanden) und die Foto-Ausstellung von Rafael Herlich „Jüdisches Leben heute“ (vorhanden)
  • im 2. Stock als ständige Ausstellung die von Marc Grellert virtuell rekonstruierten Synagogen Deutschlands, die im Novemberpogrom von 1938 zerstört worden sind (In Kürze eingerichtet; vorhanden)im 3. Stock In Kooperation mit dem Museum für Archäologie soll der Ursprungszustand des 1943 in Betrieb genommenen Bunkers möglichst weitgehend original wiederhergestellt werden, um zu dokumentieren, wie hier Menschen im Bombenkrieg untergebracht wareim
  • 4. Stock die ständige Ausstellung von J. Martini und J. Freise „Musik als Form geistigen Widerstands“(vorhanden)
  • Kellergeschoss: Wechselausstellungen. Erhalt des ABC-Schutzfilterraum, der Belüftungsmaschinen und des Brunnens

2. Ausgrabungen

Die in der Erde um den Bunker nachweislich vorhandenen Reste der Grundmauern der Synagoge, vermutlich noch vorhandene Kellerräume, möglicherweise auch eine Mikwe und andere archäologische Funde sollen ausgegraben, sichtbar gemacht und gegen den Verfall geschützt werden.
Die Möglichkeiten der Sicherung gegen Verwitterung, Vandalismus etc. sind mit Fachleuten des archäologischen Museums zu klären und zu realisieren.
Ein größerer Abschnitt der Fundamente soll mit einem Anbau überbaut werden, der unter einem Glasfußboden Synagogenrelikte sichtbar macht. Dieses Gebäude soll als Versammlungs- und Arbeitsraum eingerichtet werden.

Alle Schritte und Entscheidungen sollen in Absprache mit der Initiative 9. November erfolgen. In alle Gremien, Beiräte etc., die mit der Machbarkeitsstudie befasst sind, entsendet die Initiative 9. November VertreterInnen.

Bei der Entwicklung der Machbarkeitsstudie ist insbesondere die fachliche Beratung durch Herrn Dr. David, den Leiter des Archäologischen Museums, erforderlich. Die virtuelle Synagogenausstellung (Dr. Grellert)