Liebe Gäste, ich begrüße Sie im Namen der Initiative 9. November zu dieser Gedenkfeier.
Vor etwa 2 Monaten haben wir hier die Rückkehr des Heine Denkmals an die Friedberger Anlage gefeiert.
Von Heine stammt der Satz – Zitat – : “dies war ein Vorspiel nur, dort, wo man Bücher verbrennt, verbrennt man auch am Ende die Menschen”
Und so war es
Nachdem 1933 die Schikanen für die jüdischen Menschen angefangen haben und Bücher der jüdischen und sozialistischen/kommunistischen Schriftsteller in vielen deutschen Städten verbrannt wurden, wurde das Leben für die Juden immer schwerer. In der so genannten Polenaktion 1938 wurden polnische Juden verhaftet, ausgewiesen und aus dem Deutschen Reich deportiert. Dabei waren auch die Eltern von Herschel Grynszpan, der wiederum als Reaktion am 7. November auf den Deutschen Botschafter in Paris Ernst von Rath geschossen hat. Der Tod von Raths am 9. November wurde als Vorwand für die folgenden November Pogrome genommen.
In den frühen Morgenstunden des 10. November wurden von der Kreisleitung der NSDAP Frankfurt die SA-Verbände, HJ Jugend aufgerufen, sich an den Juden für diesen Tod zu rächen.
Laut Dokumenten waren Parteifunktionäre in Zivil auf den Straßen, sie spielten sich als das Volk und schrien „Deutschland erwache“ und „Juda verrecke“. Im Lauf des Vormittags wälzten sich die dadurch aufgeputschten Menschenmassen durch die Straßen, griffen die jüdischen Geschäfte an, zerschlugen die Scheiben, stürmten die Geschäfte, warfen die Waren auf die Straßen; auf die Fenster und Türen schrieben sie mit Riesenbuchstaben „JUDE“.…. Auch jüdische Wohnungen wurden angegriffen, Möbel, Einrichtungen, Bücher und Kunstgegenstände wurden auf die Straße geschleudert und systematisch zerstört. Besonders auffällig war, dass vor allem die Wohnungen in ärmeren Vierteln, hier im Ostend besonders zugerichtet wurden, Wohnungen im Westend wurden verschont, um danach für die SA Leute zur Verfügung zu stehen. Synagogen wurden gestürmt, die Kultus- Gegenstände rausgeschmissen, verwüstet und die Synagogen dann angezündet. Die Feuerwehrleute waren zugegen, hatten aber nur die Aufgabe aufzupassen, dass das Feuer nicht auf die umliegenden Gebäude übergreift.
Auch hier, wo wir heute stehen, diese Synagoge der Israelitischen Religionsgesellschaft an der Friedberger Anlage, wurde wie die anderen angezündet.
Der Zeitzeuge Benjamin Hirsch, der damals ein Kind war, in der Grünen Straße gewohnt hatte, und mit seinem älteren Vetter an der Synagoge vorbeigelaufen ist, erzählt das so:
„Rowdies, manche in HJ-Uniform, in die Synagoge hinein und aus der Synagoge heraus rannten. Hinein rannten sie mit Brandsätzen, die Molotow-Cocktails ähnelten, mit denen sie versuchten, das Gebäude in Brand zu setzen, heraus brachten sie die silbernen Schmuckgegenstände der Synagoge, darunter die Thoraschilde und die Thorakronen. Schließlich trugen sie einige der Thorarollen heraus, rollten sie ab und hängten sie zwischen den zwei Torbögen am gusseisernen Zaun auf, der den Vorhof der Synagoge umgab. Sie spießten das Pergament der heiligen Schriftrollen auf die Spitzen des Zauns und brachen in ein Triumphgeheul aus, als sie ihr Werk vollendet hatten. Danach wurden die Fenster eingeschlagen und die Synagoge angezündet. Auf der Straße standen Menschen, von denen die eine Hälfte wie versteinert zusah und nicht glauben konnte was sie sah und hörte, die andere Hälfte hat gejohlt, geklatscht und applaudiert.“
Gleich am 10. und 11. November wurden etwa 3000 jüdische Männer verhaftet und zur Festhalle gebracht, dort auf grausame Weise schikaniert und geschlagen und dann zum Südbahnhof gebracht und in die Konzentrationslager Buchenwald und Dachau transportiert. Nur etwa 500 von ihnen konnten zunächst zurückkehren.
Was weiter geschah, wissen wir: etwa 6 Millionen Juden wurden im Holocaust ermordet, etwa 500000 Sinti und Roma, etwa 216000 Menschen mit Behinderungen, etwa 1900 Zeugen Jehovas, etwa 15000 Homosexuelle, mindestens 70000 sog Asoziale, eine unbekannte Zahl politischer Widerstandskämpfer und ca 12 Millionen polnische und sowjetische Zivilisten und Kriegsgefangene.
Wir gedenken ihrer – gerade heute Abend
Was heißt das für uns heute?
- Wir müssen uns erinnern, das heißt das Gedenken an die getöteten und verfolgten Menschen durch das Nazi Regime aufrechtzuerhalten und weiter zu forschen, wie es war und wie es dazu kommen konnte.
- Wir müssen unsere Demokratie und Rechtsstaatlichkeit unter allen Umständen verteidigen und stärken
- Es muss uns Angst machen, dass rechtes Gedankengut immer stärker in unserer Gesellschaft laut wird, auch hier in -Hessen mit 20% der Stimmen für die AfD bei der Landtagswahl.
- Auch bei uns werden Menschen aufgrund eines anderen Glaubens, einer anderen Lebensweise, einer anderen Herkunft oder Hautfarbe ausgegrenzt und angegriffen.
Wir müssen lautstark und aktiv gegen Ausgrenzungen jeder Art, gegen Rassismus und Antisemitismus dagegenhalten und an der Seite der Angegriffenen bleiben. - Jetzt in der aktuellen Situation, in der jüdische Menschen auf brutalste Weise von Hamas Terroristen massakriert worden sind, wollen wir von der Initiative 9. November unsere Solidarität mit ihnen zeigen durch das Nennen und das Sichtbarmachen der Namen der angegriffenen Kibbuzim :
Nir Oz, Be´eri, Nahal Oz, Kfar Aza
Die Namen dieser Orte sollen als das absolut Böse in unsere Sprache Eingang finden, in einer Reihe mit Sabra und Shatila, Srebrenica und Butcha.
Wir gedenken der Opfer,
Wir gedenken der Opfer der Shoah.