Filmvorführung und Diskussion „Wir sind alle deutsche Juden“

Die Initiative 9. November lädt ein zu einer Vorführung des Films im Hochbunker an der Friedberger Anlage. Im Anschluss daran wird ein Gespräch mit Daniel Cohn-Bendit und Meron Mendel stattfinden, die beide anwesend sein werden.

Daniel Cohn-Bendit, der deutsch-französische Politiker und Publizist, begibt sich in dieser Dokumentation auf die Suche nach seiner persönlichen jüdischen Identität. Dazu trifft er sich mit seinem Bruder in Frankreich, das nach der Flucht der Eltern vor den deutschen Nazis seine erste Heimat seit seiner Geburt 1945 war – und unternimmt eine Reise nach Israel, um sein Verhältnis zum Judentum zu ergründen.

Hier trifft er einen Reihe von Personen, die ihm im Gespräch Einblicke in ihr jeweiliges Jüdischsein  ermöglichen. Im Film werden die vielfältigen, zum Teil sehr gegensätzlichen Antworten auf seine Frage deutlich: Was ist jüdische Identität und worin wird sie erkennbar?

Er spricht u. a. mit einer liberalen Rabbinerin, einem Kibbuz-Bewohner, einer Siedlerin in der Westbank, die die israelische Besiedlung des besetzen Gebietes als Normalität befürwortet, mit frommen Thora-Schülern, einem Ex-Geheimdienstchef, der der Regierungspolitik kritisch gegenübersteht, mit der Chefredakteurin eines religiösen Modejournals, mit einer aus Deutschland eingewanderten liberalen Jüdin, die sich einen säkularen Staat Israel wünscht, einem in Israel lebenden palästinensischen ArchitektenStädteplaner. Er spricht in einem gemeinsamen Treffen mit einer jüdischen und einer palästinensischen Mutter, die beide ihre in der Westbank getöteten Söhne beklagen und für eine Verständigung der beiden Völker eintreten, und mit eingewanderten Schülerinnen, die sich als Immigrantinnen in Israel diskriminiert und ausgegrenzt fühlen.

In diesen Gesprächen wird erkennbar, dass es nicht eine gemeinsame jüdische Identität gibt, sondern eine Vielzahl von Identitäten, die sich aus den sehr verschiedenen sozialen, kulturellen, politischen Positionen und Haltungen der Betroffenen entwickeln / entwickelt haben.

Die Filmsequenzen von der Rückkehr Cohn-Bendits nach Frankfurt in sein familiäres Umfeld wirken wie eine Antwort auf die eingangs von ihm gestellte Frage. Er sieht sich als säkularen Juden in einer nicht jüdischen Gesellschaft, der sich einen Tausch seines hiesigen Lebens mit dem in einem jüdischen Staat Israel nicht vorstellen will.

Im Anschluss daran wird ein Gespräch zwischen Daniel Cohn-Bendit und Dr. Meron Mendel stattfinden. Beide sind Juden – mit sehr unterschiedlichen Biografien und Erfahrungen. Der eine, Cohn-Bendit, 1945 in Frankreich geboren, lebt und arbeitet bis heute in Deutschland und Frankreich,  unter anderem als Mitgründer der Partei der Grünen, als Frankfurter Kommunalpolitiker, von 1994 bis 2014 als Europa-Parlamentarier erst für die deutschen, später für die französischen Grünen. Der andere, Mendel, 1976 geboren und aufgewachsen in einem israelischen Kibbuz, nach seinem Militärdienst und während seines in Haifa begonnenen Geschichtsstudiums nach Deutschland umgezogen, lebt seit 2003 in Frankfurt, ist zur Zeit Leiter der Bildungsstätte Anne Frank und Professor an der Frankfurt University of Applied Sciences.

Gegenstand des Gesprächs werden sicher ihre jeweiligen Definitionen des Judentums, die persönlichen Einstellungen dazu und ihre daraus und aus anderen Umständen erwachsenen Erfahrungen mit diesem umfangreichen und differenzierten Themenkomplex sein. – Und vielleicht auch mit der Einstellung zur aktuellen Entwicklung in Israel und Palästina.  Welche Gemeinsamkeiten und welche Unterschiede dabei deutlich werden, darauf darf man gespannt sein.

Niko Apel, geboren 1978 in Frankfurt, Regisseur und Stiefsohn von Dany Cohn-Bendit, der, wie beide übereinstimmend feststellen, einen prägenden Einfluss auf  Inhalt und Gestaltung der Dokumentation hatte.

Alle Plätze sind leider schon vergeben. Sie können uns gerne an info@initiative-neunter-november.de schreiben, dann setzen wir Sie auf die Warteliste. Falls Besucher zum Veranstaltungsbeginn nicht erscheinen, können wir begrenzt vor Ort weitere Besucher einlassen.